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Wiener "Absageagentur": Wer macht mit?

Eine F13-Idee von Peter Krobath

Haben Sie es satt, eine Jobabsage nach der anderen zu bekommen? Sich als der/die auszugeben, der/die dem "Anforderungsprofil" entspricht? Jung, dynamisch und flexibel zu sein? Die Fragen im schicken Hochglanzflyer, mit denen die "Absageagentur" um ihre "Kundinnen und Kunden" wirbt, sind wohl eher rhetorisch zu verstehen. Denn das Ziel ist nicht die Suche nach einem Job um jeden Preis, unabhängig davon, ob er weit unter den eigenen Qualifikationen liegt und den eigenen Interessen zuwiderläuft.

Eine solche "Absageagentur" gibt es schon. In Berlin " noch nicht in Wien.

Die alltägliche Praxis vieler Arbeitssuchender soll umgekehrt werden. Selbst absagen ist besser fürs Ego als eine Absage erhalten. In Berlin ist die  "Absageagentur" gegründet worden, um Jobsuchenden vor möglichen Depressionen zu bewahren und um den Widerstand gegen die Arbeitslosigkeit und die staatliche Arbeitsmarktverwaltung um ein Element des subversiven Humors anzureichern. Die ähnlichen Verhältnisse in Wien schreien nach ähnlichen Projekten.

Unter dem Motto: "Verkaufen Sie sich nicht unter Wert " sagen Sie lieber gleich ab!" suchen sich Berliner Arbeitslose, aber auch Lohnabhängige, die mit ihrer Arbeit unzufrieden sind, ein Stellenangebot aus, das sie etwa wegen schlechter Bezahlung oder miserablen Arbeitsbedingungen nicht annehmen wollen. Anschließend schreiben sie eine persönliche Absage oder verwenden einen von der Agentur formulierten Text. Dort heißt es dann " in Anspielung auf die von den Unternehmen verwendeten Standardformulierungen: "Ich danke Ihnen für die Ausschreibung oben genannter Stelle. Nach sorgfältiger Prüfung Ihres Angebotes muss ich Ihnen leider mitteilen, dass ich die angebotene Stelle nicht antreten werde. Ich bedauere, Ihnen keine günstigere Nachricht geben zu können und wünsche Ihnen und Ihrem Unternehmen für die Zukunft alles Gute."

Thomas Klauck, der gemeinsam mit Katrin Lehnert das Projekt initiiert hat, sagt über seine Beweggründe: "Letztes Jahr war ich selbst in dieser Lage: Sozialhilfeempfänger und gezwungen, 20 Bewerbungen pro Monat zu verschicken. Die Antwort war eine standardisierte Absage oder manchmal auch gar nichts. Klar, die meisten Stellen waren mir egal, aber manche eben auch nicht. Dann nimmt man Absagen eben auch persönlich, ob man will oder nicht. Dem wollte ich etwas entgegensetzen." Katrin Lehnert, derzeit noch Studentin, ergänzt: "Ich sehe das bei allen meinen Freunden, die gerade auf Arbeitssuche sind. Theoretisch ist ihnen bewusst, dass es nichts mit ihnen zu tun hat, wenn sie keinen Job finden. Aber trotzdem, je mehr Absagen sie auf ihre Bewerbungen bekommen, umso wertloser fühlen sie sich. Die Absageagentur soll sie aus der Defensive locken und sie dazu anregen, sich ihres eigenen Wertes wieder bewusst zu werden."

Auf der Website www.absageagentur.de kann man zu den Hintergründen des Projektes folgendes lesen:

"Die Idee zur Absageagentur ist im Frühjahr 2004 entstanden. Zu dieser Zeit gab es in Deutschland heftige öffentliche Debatten über Arbeitsmarktreformen, die sich besonders mit der Einführung von Hartz IV zum 01.01.2005 beschäftigten. Es ist der größte Eingriff in das Sozialstaatsgefüge Deutschlands seit 1945, was natürlich maßgebliche ökonomische und soziale Verschlechterungen für Viele bedeutet. Neben zahllosen Kürzungen im sozialen Bereich können Arbeitslose nun unabhängig von ihrer Qualifikation zu allen Arbeiten gezwungen werden. Gleichzeitig wurden so genannte Ein-Euro-Jobs eingeführt, wodurch Sozialhilfeempfänger wieder dem «Arbeitsmarkt zugeführt werden sollenÌ. Real werden dadurch reguläre Arbeitsplätze vernichtet und billige Arbeitskräfte geschaffen, die keine Arbeitnehmerrechte mehr haben. Vor diesem Hintergrund hatten wir den Wunsch, in die öffentliche Debatte um Arbeit einzugreifen und einen symbolischen Akt gegen die Fetischisierung von Arbeit zu leisten. So kam uns die Idee, den Spieß umzudrehen und an Stelle von Anbiederungen an den unattraktiven Arbeitsmarkt Absagen zu schreiben.

Die Absageagentur sieht sich als Persiflage auf die Agentur für Arbeit. Wir sehen die Agentur für Arbeit als Verkörperung und Überspitzung der Haltung, man müsse arbeiten um jeden Preis. Wer als Hartz IV-Empfänger/in nicht den festen Willen zeigt, jede (noch so uninteressante oder unterbezahlte) Arbeit anzunehmen und nicht bis zu 20 Bewerbungen im Monat schreibt, dem drohen Leistungskürzungen. Wir helfen bei der Formulierung und verschicken die Absagen kostenlos an die Arbeitgeber. Wir haben dazu drei Standardformulierungen entwickelt, sehen es aber lieber, wenn unsere "Kund/innen" selbst formulierte Absagen schreiben. Denn unser Projekt hat einen offenen Charakter: nicht wir wollen den Menschen vorschreiben, warum sie gerade dieser oder jener Firma eine Absage schreiben und aus welchen Gründen. Sie sollen ihre Kritik selbst äußern, wir liefern nur die Form dazu.

Für uns hat das Projekt einen experimentellen Charakter. Als wir damit begannen, wussten wir nicht, ob überhaupt jemand eine Absage schreibt. Mittlerweile haben wir schon über 90 Briefe weitergeleitet. Die Gründe dafür, eine Absage zu schreiben, sind vielfältig, was an der offenen Form des Projektes liegt. Vielleicht kann man die Gründe, warum Menschen unseren Service nutzen, in drei Gruppen einteilen, wobei es häufig Überschneidungen gibt. Die kritischste Gruppe schreibt Absagen, weil sie die Identifikation des Menschen über Arbeit ablehnt und unsere Aktion dazu nutzt, das Prinzip «Arbeit bestimmt den Wert eines MenschenÌ in Frage zu stellen. Die zweite Gruppe will konkrete Praxen von Branchen oder Stellenanbietern demaskieren, weil es üblich geworden ist, Stellen mit unbezahlten Praktikanten zu besetzen und unterbezahlte Arbeitsplätze unter immer schlechteren Arbeitsbedingungen anzubieten. Dies ist möglich, weil sich immer genügend Menschen finden, die solche Arbeit dennoch annehmen. In dieser Gruppe von Absage-Schreibern ist der Anteil an Freiberuflern, Selbständigen und Menschen, die im Kunst- oder Kulturbetrieb arbeiten, am größten, weil sich dort prekäre Beschäftigungsverhältnisse massiv ausbreiten. Die letzte Gruppe nutzt die Absagen, um persönlichen Frust über missglückte Bewerbungen, das aktuelle Arbeitsverhältnis oder Druck vom Arbeitsamt abzulassen. Sie treten aus ihrer defensiven oder resignierten Haltung heraus und kommunizieren wieder auf gleicher Augenhöhe mit den Arbeitgebern."

Soweit die Selbstdarstellung der deutschen Initiative. Der in Wien lebende Schriftsteller Peter Krobath sucht Menschen, die ähnliches auch in Wien in Gang bringen wollen. Der Freitag, 13. Jänner 06 (F13) könnte der Starttermin für diese Initiative sein. Gemäß einer Vereinbarung mit den Berliner InitiatorInnen darf das Wiener Pendant dieses Projekts auch den Namen verwenden: Wiener Absageagentur.

Interessierte können mit Peter Krobath unter Tel. 403 87 44 oder peter-krobath@chello.at in Kontakt treten.

n.

 

 

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