Arbeitslosigkeit
News
Fälle
& Berichte
Rechtshilfe
Downloads
Aktionen
Links
Gewerkschaft
Termine
Rechtsinfo Anfrage
über
uns
AKTIVE
ARBEITSLOSE
|
|
arbeitslosennetz.org
// Arbeitslosigkeit / Rechtshilfe / Rechtsanwalt Pochieser
Rechtsanwalt Herbert Pochieser:
Konkurrenzklauseln in
Arbeitsverträgen von SÖBs können sittenwidrig sein!
Wien, 15.3.2012
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Freunde,
Nunmehr
liegt ein langersehntes, erstes Judikat des VwGH zur Bedenklichkeit
einer Konkurrenzklausel in den Dienstverträgen eines bei den
Arbeitslosen mittlerweile berühmten sogenannten sozialökonomischen
Betriebes (Itworks) vor:
Wie mittlerweile allgemein bekannt ist,
hat dieser Anbieter in seinen Dienstverträgen, bei welchen es sich
durchwegs um solche, die nur eine Teilzeitarbeit vermitteln (30 h),
handelt, neben zumindest einer anderen zwingendem Arbeitsrecht
widersprechender Klausel, ein Konkurrenzverbot. Unter meiner Vertretung
sind mittlerweile mehrere Verwaltungsgerichtshofs-Beschwerden und
Rechtsmittelverfahren vor dem AMS zu dieser Thematik anhängig.
Zu
dem Judikat des VwGH ist vorweg zu bemerken, dass er den Umstand, dass
lediglich Teilzeitarbeit angeboten wird, nicht beanstandet:
"Wenn
der Beschwerdeführer dazu (unter Hinweis auf ältere Judikatur des
Verwaltungsgerichtshofes vor der Rechtslagenänderung zum 1. Jänner
2008) vorbringt, dass ein "Transitarbeitsplatz" keine am allgemeinen
Arbeitsmarkt angebotene versicherungspflichtige Beschäftigung
darstelle, übersieht er, dass durch die mit BGBl. I Nr. 104/2007 (mit
Wirkung vom 1. Jänner 2008) angefügte Zumutbarkeitsregelung in § 9 Abs.
7 A1VG ausdrücklich auch "ein der Wiedereingliederung in den
Arbeitsmarkt dienendes Arbeitsverhältnis im Rahmen eines
Sozialökonomischen Betriebes (SÖB) oder eines Gemeinnützigen
Beschäftigungsprojektes (GBP)" als (zumutbare) Beschäftigungen erklärt
wurden. Da es sich bei der Firma I unbestrittenermaßen um einen im § 9
A1VG genannten Sozialökonomischen Betrieb handelt, kann somit ein
Verhalten im Sinne von § 10 Abs. 1 A1VG zum Verlust des Anspruches auf
Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe führen.
Der
Beschwerdeeinwand, die angebotene Beschäftigung sei nicht angemessen
entlohnt, trifft nicht zu: Die belangte Behörde hat demgegenüber
festgestellt, dass die angebotene Entlohnung von € 876,32 bei einer
Beschäftigung im Ausmaß von 30 Wochenstunden dem BABE-Kollektivvertrag
entspricht, wonach die kollektivvertragliche Entlohnung € 1.100,--
brutto monatlich für eine Vollzeitbeschäftigung beträgt. Wenn die
Entlohnung aber zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der
kollektiven Rechtsgestaltung entspricht, ist sie gemäß § 9 Abs. 2 A1VG
angemessen (vgl. dazu auch das zuvor genannte hg. Erkenntnis vom 7. Mai
2008)."
Hierzu muss ich anmerken, dass mir immer noch
zahlreiche Berufungen, die von Betroffenen selbst verfasst werden, mit
der Argumentation, die nach der neuen Rechtslage – wovor ich seit
geraumer Zeit warne – nicht aufrechtzuerhalten ist unterkommen. Mit
dieser Argumentation alleine kann als eine Beschäftigung nicht
abgelehnt und eine Sperre nicht bekämpft werden.
Gegen die
Beschwerde wendet das Arbeitsmarktservice, wie auch im
Berufungsverfahren ein, dass dieser (sogenannte sozialökonomische)
Arbeitskräfteüberlasser in Zusammenarbeit mit dem AMS die Einhaltung
gewisser durch eine Richtlinie des Verwaltungsrates festgelegte
Qualitätsstandards garantiere.
Vom Verwaltungsgerichtshof wird
dagegen abgehandelt, dass auch bei sozialökonomischen Betrieben nicht
von vorneherein alles erlaubt ist und eine Unzumutbarkeit der
Beschäftigung zu prüfen ist und setzt sich der Gerichtshof mit der
Frage der im Verfahren dargestellte Unzulässigkeit einer
Konkurrenzklausel dieses Betriebes auseinander:
"Das
Gesetz verpflichtet eine arbeitslose Person zwar nicht dazu, eine
unzumutbare Beschäftigung im Sinne der näheren Bestimmungen des § 9
A1VG anzunehmen; das Gesetz verlangt aber nicht, dass alle
Einzelheiten, die für die Zumutbarkeit einer Beschäftigung von
Bedeutung sein können, für die arbeitslose Person schon in einer
frühesten Stufe der Bewerbung erkennbar sein müssen. Eine arbeitslose
Person ist nur insoweit und ab jenem Zeitpunkt zu keinen
Bewerbungsschritten (mehr) verpflichtet (und das AMS zum Verlangen nach
solchen Schritten nicht berechtigt), in dem solche Umstände einer
Beschäftigung zutage treten, welche diese als für eine arbeitslose
Person unzumutbar erscheinen lassen (vgl. Das hg. Erkenntnis vom 11.
September 2008, Zl. 2007/08/0187).
Eine zumutbare
Beschäftigung
setzt - über die in § 9 Abs. 2 A1VG ausdrücklich genannten
Zumutbarkeitskriterien hinaus - voraus,
dass der Dienstgeber für die
Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses vom Arbeitslosen nicht die
Annahme vertraglicher Bedingungen verlangt, die in wesentlichen Punkten
wie z.B. der Arbeitszeitgestaltung (vgl. dazu das hg.
Erkenntnis vom
20. Oktober 2004, Zl. 2002/08/0266) zwingenden
Rechtsnormen
widersprechen.
Vor diesem Hintergrund hätte die belangte Behörde
sich aber mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur
Konkurrenzklausel
im Dienstvertrag auseinandersetzen müssen, zumal im
Zusammenhang mit seinem diesbezüglichen weiteren Vorbringen nicht
ausgeschlossen werden kann, dass diese - je nach ihrer Ausgestaltung -
die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses unzumutbar machen könnte
(vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 2006, Zl. 2004/08/0177).
Die
belangte Behörde hat sich jedoch im angefochtenen Bescheid mit dem
Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach in dem ihm bei der Firma I
unterbreiteten Dienstvertrag eine seiner Meinung nach sittenwidrige
Konkurrenzklausel beinhaltet gewesen sei, welche ihm die namentlich
genannte Mitarbeiterin des potentiellen Dienstgebers auch nicht (näher)
habe erklären können, ebenso wenig auseinandergesetzt wie mit seinem
Einwand, dass der von der Firma I vorgelegte Musterdienstvertrag einen
anderen Wortlaut aufweise."
Empfehlungen
an Betroffene dieses SÖB:
häufig werden von Betroffenen Dienstverträge von vorneherein abgelehnt
und ist der Inhalt des Dienstvertrages nicht dokumentiert. Ich kann
daher nur empfehlen, den häufig auf dem Datenstick "übergebenen"
Dienstvertrag
von sozialökonomischen Betrieben dingfest zu machen
(anderweitig abzuspeichern) oder sich eine Fotokopie davon geben zu
lassen, damit ich, wenn ich eine derartige Angelegenheit
übernehme,
eine konkrete Prüfung, ob angebotene Verträge zwingendem Arbeitsrecht
entsprechen oder nicht, durchführen kann und sich unbedingt den
Dienstvertrag, insbesondere im Hinblick auf die Konkurrenzklausel,
(nach Möglichkeit vor
Zeugen, die mit Vor und Zuname und Adresse
dokumentiert sein sollten – ich muss bedauerlicherweise in vielen
Verfahren einen Beweisnotstand feststellen, weil die anderen
Kursteilnehmer nicht feststellbar sind) erklären lassen.
Geprüft
wird von mir nunmehr in derartigen Fällen auch, ob die zwingendes
Arbeitsrecht verletzende Firma im Einzelfall direkt
schadenersatzrechtlich, insbesondere auch für Vertretungskosten im
Verfahren vor dem Arbeitsmarktservice und vor dem
Verwaltungsgerichtshof, verantwortlich gemacht werden kann.
Mit freundlichen (kollegialen) Grüßen
Rechtsanwalt
Dr. Herbert Pochieser eh.
Schottenfeldgasse 2-4
A-1070 Wien
Tel.: ++43 1 5238667
Fax: ++43 1 5238667-10
s1@hpochieser.at
Rechtsanwaltscode: R110832
Kanzleistunden:
Mo - Do 9-12 u. 14 - 17; Fr 9 - 12 Uhr
Termine nach telefonischer Vereinbarung
Siehe auch:
Impressum
|