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Weisung: Zumutbarkeit von „"Beschäftigungen" in
sozialökonomischen
Betrieben und gemeinnützigen Beschäftigungsprojekten
ACHTUNG: Diese Weisung ist teilweise durch die AlVG-Novelle 2007 überholt, wenngleich die Notwendigkeit der Trennung zwischen Arbeitsverhältnis und Schulung grossteils nach wie vor gilt, ebenso dass eine Wiedereingliederungsmaßnahme in Form eines Arbeitsverhälntisses zwar betreuende Elemente haben darf, das Arbeitsverhälntis aber überwiegen muß und die Betreuung rein auf das Arbeitsverhältnis bezogen sein muß und keine darüber hinaus gehende soziale Betreuung umfassen darf!
Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit
Abteilung II/1 –- Arbeitslosenversicherung
Stubenring 2
1011 Wien
An den Vorstand des Arbeitsmarktservice
Österreich
Treustraße 35-43
1200 Wien
Österreich
Name/Durchwahl:
OR Clemenz / 2167
Geschäftszahl: BMWA-435.005/0025-II/1/2006
Arbeitslosenversicherung:
Verhängung von Ausschlussfristen nach § 10 AlVG;
Zumutbarkeit von „"Beschäftigungen" in sozialökonomischen Betrieben und gemeinnützigen Beschäftigungsprojekten
In seinem Erkenntnis
vom 21. April 2004, ZI. 2002/08/0262 hat sich
der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage der Zumutbarkeit der Zuweisung
zu einer als Wiedereingliederungsmaßnahme gestalteten „"Beschäftigung"
im Rahmen eines Beschäftigungsprojektes im Zusammenhang mit den
Sanktionsbestimmungen nach § 10 AlVG befasst.
Da die angebotene „"Beschäftigung" im –-
dem Erkenntnis zu Grunde liegenden - konkreten Fall unzweifelhaft eine
Wiedereingliederungsmaßnahme
aufwies, ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass es sich eben
um kein Beschäftigungsangebot, dessen Zumutbarkeit im Wesentlichen
nach den Bestimmungen des § 9 AlVG zu beurteilen wäre, sondern
um die Zuweisung zu einer Wiedereingliederungsmaßnahme handelte,
für deren Zulässigkeit allerdings die vom Verwaltungsgerichtshof
generell für Kursmaßnahmen aufgestellten Grundsätze zu
prüfen gewesen wären. Im Begründungskern hat das Höchstgericht
die Feststellung getroffen, dass es unzulässig ist, eine Schulungs-,
Umschulungs- oder Wiedereingliederungsmaßnahme in das rechtliche
Kleid eines Arbeitsverhältnisses zu jener Einrichtung zu hüllen,
welche die Maßnahme durchzuführen hat.
In Folgeerkenntnissen hat der Verwaltungsgerichtshof weiters das Erfordernis
einer klaren Unterscheidung zwischen versicherungspflichtiger Beschäftigung
einerseits und (Wiedereingliederungs-)Maßnahme andererseits releviert,
weil die Voraussetzungen für die Zuweisung zu einer zulässigen
Maßnahmen andere sind als für die Zuweisung zu einer Beschäftigung
(vgl. VwGH
v. 21.12.2005, Zl. 2004/08/0053 sowie v. 15.2.2006,
Zl. 2004/08/0148)
sowie auf die inhaltliche Ausgestaltung der „"Beschäftigung"
als Unterscheidungskriterium abgestellt (VwGH
v. 25.5.2005, Zl. 2002/08/0135: „"...
Der Sache nach stellt die zugewiesene „"Beschäftigung"
beim Verwein ... trotz der anders lautenden Bezeichnung eine Wiedereingliederungsmaßnahme
dar ...“").
Als Konsequenz aus dieser Entscheidung ergibt sich, dass eine Sanktion
nach § 10 AlVG überhaupt nur dann in Betracht kommt, wenn die
angebotene Beschäftigung eindeutig entweder als Dienstverhältnis,
oder als (Schulungs-, Umschulungs- oder Wiedereingliederungs-)Maßnahme
klassifizierbar ist. Mischformen, wie im Falle jener dem eingangs angeführten
Erkenntnis zu Grunde liegenden „"Beschäftigung",
können
bei deren Nichtannahme keinen Verlust des Leistungsanspruches nach § 10
AlVG nach sich ziehen.
Für die Zumutbarkeit angebotener Beschäftigungen in sozialökonomischen
Betrieben oder gemeinnützigen Beschäftigungsprojekten in Hinblick
auf eine Sanktion nach § 10 AlVG bedeutet dies insbesondere:
Die Entlohnung muss im Sinne des § 9 Abs. 2 AlVG angemessen, d.h.
zumindest den anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechend
erfolgen. Unterliegt der Arbeitgeber keinem Kollektivvertrag, so gilt
jene Entlohnung als angemessen, die jeweils für eine vergleichbare
Tätigkeit aufgrund eines Kollektivvertrages oder einer Satzung in
Betracht kämen.
Die Qualifikation als Beschäftigung ist nur dann gegeben, wenn
deren inhaltliche Ausgestaltung auch der eines Arbeitsverhältnisse
entspricht. Voraussetzung für die Qualifikation als Beschäftigung
ist eine im Vordergrund stehende „"intendierte Leistungserbringung
für einen Dienstgeber" (VwGH Zl. 2004/08/0148, Zl. 2003/08/0200).
Erschließt sich aus dem Ermittlungsverfahren (z.B. aus dem zur
Beurteilung heranzuziehenden Arbeitsvertrag), dass nicht die Erbringung
einer Arbeitsleistung, sondern die Betreuung der vermittelten Person
zum Zwecke der Erleichterung der Wiedererlangung einer Beschäftigung
primäres Ziel der Tätigkeit ist, liegt kein Arbeitsverhältnis,
sondern eine Wiedereingliederungsmaßnahme vor.
Im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses zu absolvierende
Maßnahmen sind „"nur in den engen Grenzen des § 9
Abs. 2 AlVG möglich" (VwGH Zl. 2004/08/0148). Daraus folgt,
dass diese durch den Arbeitgeber veranlasst sind" der Qualifikation
als Beschäftigung dann nicht entgegensteht, wenn
Die Maßnahmen der Durchführung der vertraglich vereinbarten
Tätigkeit förderlich sind bzw. im weiteren Sinne jedenfalls
dem Erwerb oder der Vertiefung beruflicher Qualifikationen dienen,
die Leistungserbringung für einen Dienstgeber im Vordergrund steht
und diese die Maßnahmenteilnahme überwiegt und
die Beschäftigung in ihrer Gesamtheit (also auch hinsichtlich
der vom Dienstgeber veranlassten Maßnahmen) den Zumutbarkeitskriterin
des § 9 Abs. 2 AlVG entspricht.
Die Verhängung einer Ausschlussfrist nach § 10 AlVG kommt
nur in Betracht, wenn alle vorstehend genannten Voraussetzungen erfüllt.
Der Vorstand des Arbeitsmarktservice wird ersucht, die gegenständliche
Weisung umgehend allen mit Angelegenheiten der Arbeitslosenversicherung
befassten Mitarbeitern des AMS zur Kenntnis zu bringen sowie für
erforderlichenfalls notwendige Anpassungen der Bezug habenden Richtlinien
Sorge zu tragen.
Mit freundlichen Grüßen
Wien, am 03.05.2006
Für den Bundesminister:
Mag.iur. Roland Sauer
Elektronisch gefertigt
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