arbeitslosennetz.org
// Arbeitslosigkeit / Rechtshilfe
/ Rechtsmittel:
Bundeserwaltungsgericht
Aufschiebende Wirkung von Beschwerden an das
Bundesverwaltungsgericht (BVwG)
(Letzte Änderung: 17.2.2020)
Der Verfassungsgerichtshof hat eine
Sonderbestimmung im § 56 AlVG, die eine aufschiebende Wirkung erst
auf Antrag unter bestimmten Kriterien ermöglicht und sonst
generell verweigert als verfassungwidrig aufgehoben, weshalb nun -
so wie bei allen anderen auch - die allgemeinen Bestimmungen des
Verwaltungsgerichtverfahrensgesetz (VwGVG) gelten: gemäß §
13 VwGVG kommt im Regelfall Beschwerden gegen Bescheide die
aufschiebenden Wirkung zu!
In seinem Urteil führte der
Verfassungsgerichtshof unter Verweis auf seine langjährige
Rechtsprechung aus, dass verfahrensrechtliche Abweichungen in
Materiengesetzen nur dann als „erforderlich“ gelten, wenn sie „zur
Regelung des Gegenstandes 'unerlässlich' sind.“ Auch wenn der
Gesetzgeber bei der Schaffung der Sonderbestimmung des AlVG § 56
Abs. 3 „das Interesse der Versichertengemeinschaft, die
Einbringlichkeit von (vermeintlich) zu Unrecht
gewährten Leistungen an den einzelnen Versicherten ohne
Zuwarten auf eine rechtskräftige Entscheidung im Falle
der Bekämpfung eines Bescheides besonders stark gewichtet hat“ so
„entspricht die Regelung nicht dem Kriterium der Erforderlichkeit
iSd Art136 Abs2 B‑VG, weil sie dem Rechtsstaatsprinzip und dem
daraus abgeleiteten Prinzip der Effektivität des
Rechtsschutzes insoweit widerspricht, als sie dem Interesse
des einzelnen Versicherten, nicht generell einseitig mit allen
Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung
so lange belastet zu werden, bis sein Rechtsschutzgesuch
endgültig erledigt ist (siehe nur
VfSlg 15.511/1999 und die dort angeführte Rechtsprechung des
Verfassungsgerichtshofes), nicht hinreichend Rechnung trägt. 1.17.
Insbesondere lässt es die angefochtene Bestimmung nicht zu, die
berührten öffentlichen Interessen (z.B. das oben
genannte Interesse der Versichertengemeinschaft) mit den
Interessen von Verfahrensparteien abzuwägen (siehe zur
Interessenabwägung unter dem Gesichtspunkt des
Rechtsstaatsprinzips im Rahmen der Zuerkennung aufschiebender
Wirkung z.B. schon VfSlg 13.003/1992, 13.306/1992).“ (VfGH
G74/2014 ua)
Das Bundesverwaltungsgericht führt bei
Bescheiden, die die vom AMS verweigerte aufschiebende Wirkung
wieder zugestehen, unter Verweis auf die bisherige verfestigte
Rechtsprechung und Rechtslehre zum Beispiel aus:
„Dementsprechend genügt es für den Ausschluss der
aufschiebenden Wirkung der Berufung nicht, dass ein Interesse
einer Partei oder des öffentlichen Wohles an der vorzeitigen
Vollstreckung des Bescheides besteht, sonder es muss
darüber hinaus die Umsetzung des Bescheides in die
Wirklichkeit wegen Gefahr in Verzug dringend geboten sein
(Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 64 Rz 31).
Gefahr in Verzug bedeutet, dass den berührten
öffentlichen Interessen oder einer anderen Parteien (als des
Beschwerdeführers) ein derart gravierender Nachteil
droht, dass die vorzeitige Vollstreckung des
Bescheides dringend geboten ist. Die Annahme, dass Gefahr in
Verzug vorliegt, bedingt eine sachverhaltsbezogene
fachliche Beurteilung durch die Behörde
(Eder/Martschin/Schmid, Verwaltungsgericht, K10 f zu § 13 VwGVG mH
auf die Erkenntnisse des VwGH vom 25.05.2002, Zl. 2002/18/0001,
und vom 22.02.1988 Zl. 87/07/0108). Die Gefahr muss konkret
bestehen (Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 64 Rz 31).
Schließlich hat auch der Verwaltungsgerichtshof
im obzit. Beschluss vom 01.09.2014 Zl. Ra 2014/03/0028, im
Zusammenhang mit einer Beschwerde gegen den Ausschluss der
aufschiebenden Wirkung gem. § 13 Abs. 2 VwGVG klargestellt,
dass die Entscheidung über Zuerkennung bzw. Aberkennung der
aufschiebenden Wirkung jedenfalls das Ergebnis einer im
Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung ist.“ (BVwG
W141 2109616-1/2E) [PDF-Dokument]
Leider hält sich das AMS in Fällen nicht an
dieses Urteil und verweigert mit einer textbausteinartigen
Pseudobegründung weiterhin generell die aufschiebende Wirkung von
Beschwerden gegen AMS-Bescheide, weshalb die "Aktiven Arbeitslosen
Österreich" eine Rechtsinformation samt Auskunftsbegehren an die
AMS Landesgeschäftsstellen gestellt haben:
Seither hat das AMS wieder im Regelfall die aufschiebende
Wirkung zugestanden.
VORSICHT FALLE: Das AMS versucht aber immer wieder auch mit
fragwürdigen Urteil des BVwG doch wieder vermehrt die Zuerkennung
der aufschiebenden Wirkung zu verweigern. Dabei werden mitunter
Textpassagen von Urteilen des BVwG aus dem Zusammenhang gerissen
um die Rechtswidrigkeit der Verweigerung der aufschiebenden
Wirkung zu tarnen. Daher immer auch die zitierten Urteil im
Volltext lesen!
Rechtsgrundlage:
Gerichtsurteile:
Siehe auch:
Extrene Informationen:
Copyright: Mag. Ing. Martin Mair, 2020
Impressum
|