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AMS-Maßnahmen / AMS-Kurse
Vorsicht vor privatrechtlichen Vereinbarungen! (Vertragsrecht)
Obwohl es weder im AlVG noch sonst einem zuständigen Gesetz
vorgesehen ist, sind wir bei AMS-Maßnahmen immer wieder damit
konfrontiert oft ohne Vorbereitung eine „Vereinbarung“
unterschreiben zu sollen. Wir empfehlen auf jeden Fall nicht
sofort zu unterschreiben, und entsprechend § 862a ABGB
(Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) Bedenkzeit zu verlangen. Ein
Vertrag gilt nämlich dann „zugegangen“, wenn er in Ihrem
Machtbereich (Wohnung) gelangt ist.
VORSICHT FALLE: Lehnen Sie auf
keinen Fall vorschnell ab, denn dann meldet Sie der
AMS-Zwangsmaßnahmenbetreiber allzu rasch an das AMS und behauptet,
Sie hätten die Maßnahme vereitelt.
Tipp: Nehmen Sie den Vertrag mit und lassen Ihn
von den AKTIVEN
ARBEITSLOSEN überprüfen!
Sie haben auf jeden Fall nach ABGB § 886 ein Recht auf eine
eigene Ausfertigung der "Vereinbarung" die Ihnen vorgelegt wird:
"Die Schriftform ist auch dann gewahrt, wenn ein von einem
Vertragspartner gemachtes Anbot schriftlich angenommen wird. Es
müssen aber in diesem Fall zwei Urkunden vorliegen und
daher auch das Anbot schriftlich gestellt sein (Gschnitzer
in Klang 2. Auflage IV/ 1 273, 6 Ob 342/60)." (OGH 3Ob78/74
(3Ob79/74); 4Ob577/76; 1Ob772/79; 8Ob658/88; 6Ob25/00w;
5Ob208/10i; 6Ob185/16y, RS0017238).
Das heißt: Ein zweites Exemplar - Ihr persönliches - ist
ebenfalls von beiden Seiten im Original zu unterschreiben: "Bei
einem zweiseitig verbindlichen Vertrag ist dem
Formerfordernis der Schriftlichkeit nur dann entsprochen, wenn
beide Parteien den Vertrag unterzeichnet haben." (OGH
7Ob571/95; 8ObA106/02z; 9ObA96/07v; 9ObA78/08y; 5Ob133/10k;
8ObA63/09m; 5Ob115/10p; 5Ob208/10i; 5Ob166/10p; 9ObA153/12h;
9ObA110/15i; 9ObA57/16x; 4Ob6/19i, RS0078934).
Grundsätzlich sollte keine privatrechtliche Vereinbarung mit
Ihnen verlangt werden können, weil Sie ja ohnehin vom AMS unter
Androhung des Existenzentzuges (Bezugssperre) zugewiesen worden
sind und die Maßnahme ja auf Grund eines Vertrages mit dem AMS
gemacht wird. Daher gibt es auch keinen sachlichen Grund für eine
zusätzliche Vereinbarung.
VORSICHT FALLE: Wenn Sie eine
"Vereinbarung" unterschreiben geben Sie dem Kursbetreiber unter
Umständen eine rechtliche Grundlage, für eigene Zwecke Daten über
Sie zu speichern.
Welche Gründe für Rechtswidrigkeit kommen nach ABGB in Frage?
- § 870 ABGB: „List oder Furcht“:
„Wer von dem anderen Teile durch List oder durch ungerechte
Furcht zu einem Vertrage veranlasst worden, ist ihn zu halten
nicht verbunden.“ Zwang kann dabei durch Ausschaltung des
Willens durch körperliche oder geistige Überwältigung oder der
Androhung eines Übels geschehen. Die Androhung der Bezugssperre
ist wohl ein solches Übel. „Die Drohung mit einer rechtlich
zulässigen Maßnahme kann nur dann als rechtswidrig betrachtet
werden, wenn diese nicht im berechtigten Interesse des
Drohenden, sondern lediglich zum Nachteil des Bedrohten
unternommen wird.“1
Der Maßnahmenbetreiber, der Ihnen die Vereinbarung aufzwingen
will, kann da aber wohl kein berechtigtes Interesse geltend
machen, da er ja nicht gezwungen ist, AMS-Maßnahmen zu machen
und schon gar nicht genau auf Sie ein Recht hat. „Ob die Furcht
begründet war, ist nach der Größe und Wahrscheinlichkeit der
Gefahr und der Lebens- und Gemütsbeschaffenheit der bedrohten
Person zu beurteilen.“ Das angedrohte Übel muss so empfindlich
sein, dass „seine Abwendung durch Abgabe der verlangten
Willenserklärung als vernünftig und Zweckmäßig betrachtet
werden kann. Der Bedrohte muss ferner die Verwirklichung des
angedrohten Übels für wahrscheinlich gehalten und deshalb die
Willenserklärung abgegeben haben.“2
Das trifft wohl auf Arbeitslose ohne finanzielle Rücklagen und
Möglichkeit, eine Arbeit aufzunehmen angesichts der Drohung mit
dem Existenzentzug wohl voll und ganz zu!
Sie müssen aber den „Vertrag“ anfechten. Dann „hat der
schuldtragende Teil Schadensersatz zu leisten, auch wenn kein
strafrechtliches Verhalten vorliegt“, § 870 ABGB setze nicht
unbedingt nachgewiesene Schädigungsabsicht voraus! „Das
absichtliche Verschweigen eines erheblichen Umstandes, der
nach Treu und Glauben und den Gepflogenheiten des
Geschäftslebens bekanntzugeben wäre, ist List im Sinne des
ABGB.“ Wenn man Sie im Irrtum lässt, dass der Maßnahmenträger
Sachen machen darf, die ihm nicht zustehen (z.B. hoheitliche
Aktie wie Kontrolltermine wahrnehmen, Stellenzuweisungen zu
machen, Arbeitswilligkeit überprüfen, …) wäre es List. „Wenn
der Arbeitgeber weiß, dass der Arbeitnehmer keine anderen
ausreichenden Mittel und unmittelbar der Not ausgesetzt ist3“, dann
sei das auch Zwang bzw. ein unzulässiger „wirtschaftlicher
Druck“.
Ob diese Argumentation bei Gericht durch geht, kann aufgrund
fehlender Rechtsverfahren nicht gesagt werden, aber die
Realität kommt dem wohl schon recht nahe!
Der „Vertrag“ wird dann als Ganzes „nichtig“!
- § 871 ABGB „Irrtum über die Hauptsache“:
Der Irrtum ist „wesentlich“, wenn ohne ihn, der Vertrag gar
nicht zustande gekommen wäre. Damit der Vertrag anfechtbar wird,
muss der Irrtum auch beachtlich sein, das heißt ein wesentlicher
Erklärungs- oder Geschäftsirrtum und nicht Motivirrtum sein und
der Erklärungsgegner (Sie) schutzwürdig sein (das sind Sie
sowieso!). Der Irrtum muss vom Andren verursacht sein oder hätte
von diesem aus den Umständen erkannt oder rechtzeitig aufgeklärt
werden müssen.
- § 872 ABGB „Unwesentlicher Irrtum“:
Führt nur dazu, dass der „Vertrag“ an die wahren Gegebenheiten
angepasst werden muss.
- § 879 Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder die
guten Sitten:
Darunter fällt nach Abs. 2 Punkt 4 wenn jemand „den Leichtsinn,
die Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder
Gemütsaufregung“ zu einem nachteiligen Geschäft mit
„auffallenden Missverhältnis“ ausnutzt. Nach Abs. 3 wird ein
Vertrag nichtig, wenn er „unter Berücksichtigung aller
Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt.“
„Gegen die guten Sitten verstößt ein
Rechtsgeschäft dann, wenn es den obersten Rechtsprinzipien der
geltenden Rechtsordnung widerspricht“4. Dies sei einem weiteren Sinne
auszulegen, vor allem dort, wo gesetzliche Regelungen fehlen
(wie bei AMS-Zwangsmaßnahmen!): „Rechtsgeschäfte, die auf die
Umgehung gesetzlicher Verbote [Anm.: z.B. Verbot der
Zwangsarbeit, Umgehung regulärer Bezahlung nach
Branchenkollektivvertrag] hinzielen oder durch die der Mangel
an offenbar notwendigen, aber nicht erlassenen
Rechtsvorschriften, insbesondere auf sozialem Gebiet, in einer
der Rechtsordnung gröblichen, widersprechenden Wiese
ausgenützt wird, sind als Verstöße gegen die guten Sitten mit
Nichtigkeit bedroht.“5
Der OGH stellte fest: „Im Sinne eines beweglichen Systems sind
alle Umstände zu berücksichtigen und durch deren Gewichtung zu
prüfen, ob eine grobe Verletzung rechtlich geschützter
Interessen oder bei Interessenkollision ein grobes
Missverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und
den durch sie geförderten Interessen vorliegt. Großer
wirtschaftlicher Druck oder die Existenzgefährdung einer
Partei können einen relevanten Umstand bilden“ (OGH
RS0113653). Die Kenntnis „prekären finanziellen Verhältnissen“
begründet Sittenwidrigkeit nur dann, wenn der
Vertragsabschluss Druck erfolgte. Was bei AMS-Zwangsmaßnahmen
wohl der Fall ist.
„Auch eine Entgeltvereinbarung, die dem Arbeitnehmer jede
Einflussmöglichkeiten nimmt, widerspricht den guten Sitten
(Arb 9854).“6
Vereinbarungen dürfen nämlich so wie Arbeitsverträge im
Detail verhandelt werden, siehe VwGH 2004/08/0148 RS 2.
Sittenwidrig können nicht nur Einzelverträge sein, sondern
auch Kollektivverträge! Die Transitarbeitsregelung nach
BAGS-KV und BABE-KV widerspricht unserer Meinung nach dem
„kollektivvertraglichen Differenzierungskriterien, die das
ausnützen der sozialen Schwäche der Arbeitnehmer erschweren“7,
insbesondere das sachlich nicht gerechtfertigte Vorenthalten
normaler KV-Regeln wie Anrechnung von Vordienstzeiten,
Qualifikationen, sowie das Fehlen von Gehaltsvorrückungen und
Fehlen eines ausdifferenzierten Gehaltsschemas sprechen für
Sittenwidrigkeit.
Siehe auch: Gemeinnützige
Personalüberlasser im rechtlichen Bermudadreieck:
Sittenwidrige Pauschalentlohnung in derüberlassungsfreien
Zeit?
VORSICHT FALLE! Sittenwidrigkeit muss aber
auch geltend gemacht werden und führt nicht nur zur
Nichtigkeit der Vereinbarung sondern ermöglicht auch einen
Anspruch auf Schadensersatz!
Worauf bei Vereinbarungen achten? Was kann sittenwidrig sein?
- Sie haben das Recht, zu Vertragsverhandlungen Vertrauenspersonen
mitzunehmen, damit Sie auch Zeugen haben bzw. sich beraten
können!
- Ermittlung von für die Durchführung der Maßnahme selbst nicht
unbedingt notwendigen persönliche Daten und deren Weitergabe an
das AMS, insbesondere über das Bewerbungsverhalten oder
Meldungen von anderen Einrichtungen und (potentiellen)
ArbeitgeberInnen. Siehe auch Kapitel Datenschutz
- Vermittlung in andere Arbeitsverhältnisse (= hoheitlicher
Akt!)
- Vermittlung in andere Maßnahmen zuweisen (= hoheitlicher Akt!)
- Verpflichtung in einem bestimmten Zeitrahmen immer telefonisch
erreichbar zu sein und auf Abruf bereit stehen.
- Eingriff in Ihre Privatsphäre, z.B. Überwachung Ihrer
Eigenbewerbungen, Ausfragen von Details aus Ihrem persönlichen
Leben.
- Umgehung regulärer Kollektivverträge.
- Möglichkeit, Sie nach einer qualifizierten Arbeit Ihnen eine
deutlich nieder qualifizierte und bezahlte Arbeit zu geben. Das
verstößt gegen das Arbeitsrecht!
- Verzicht auf unabdingbare Arbeitnehmeransprüche.
Beispiele Vereinbarungen (mit Kritik)
Musterbriefe:
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