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// Arbeitslosigkeit / Rechtshilfe
/ Voraussetzungen für den Bezug
des Arbeitslosengeldes / Verfügbarkeit
/ Kinderbetreuungspflichten und Kindergeld
Verfügbarkeit: Betreuungspflichten (Kinderbetreuung, Pflege
naher Angehöriger, ...)
Aktiuallisiert am: 16.8.2015
Haben Sie gesetzliche Betreuungspflichten für Kinder bis
zum vollendeten 10. Lebensjahr, so müssen Sie nur noch
eine eingeschränkte Verfügbarkeit von 16
Wochenstunden erfüllen, müssen aber auch nur
Arbeit von bis zu 16 Wochenstunden annehmen.
VORSICHT FALLE: Diese
eingeschränkte Verfügbarkeit von 16 Wochenstunden kann
allerdings – falls beide Elternteile arbeitslos sind –
derzeit laut AMS-Regelung nur von einem Elternteil
in Anspruch genommen werden. Allerdings kennen wir keinedazu
noch keine Gerichtsurteile.
VORSICHT FALLE: Die
Behinderung eines Kindes bzw. besonderer Pflegeaufwand reduziert
die Mindestverfügbarkeit von 16 Stunden nicht weiter, selbst dann
nicht wenn keine entsprecend (längere) Betreuung zur Verfügung
steht! (BVwG L503 2228476-1, L503 2232659-1)
VORSICHT FALLE: Auf urlaubsbedingte
Schließungen von Kinderbetreuungseinrichtungen nehmen
Österreichs Gerichte leider keinerlei Rücksicht. Für diese Zeiten
müssen Sie die Möglichkeit einer anderen Kinderbetreung auf Abruf
glaubhaft machen, sonst bekommen Sie keinen AMS-Bezug! (L503
2207265-1/3E)
Sie erfüllen die Verfügbarkeit auch dann, wenn Sie die Betreuung
des/der Kind/er innerhalb kurzer Zeit - also
"auf Abruf" - an andere Personen oder an
Betreuungseinrichtungen delegieren können, Sie
müssen das gegenüber dem AMS lediglich glaubhaft machen können.
So reicht es, wenn z.B. Ihre Eltern die Kinderbetreuung
übernehmen können (BVwG I419 2238172-1).
Mit gesetzlichen Betreuungspflichten haben Sie den Vorteil bei
der „Zumutbarkeit“ von Arbeit, dass Sie nur noch
innerhalb des „Verfügbarkeitsrahmens“ Arbeit annehmen müssen,
also in jener Zeit einer vorhandenen oder machbaren
Kinderbetreuung, die Ihnen die Verfügbarkeit ermöglicht. Haben Sie
z.B. eine 14jährige Tochter zu betreuen, für die Sie keine
Abendbetreuung haben, darf das AMS keine Schichtarbeit zuweisen,
bei der bis 24:00 Uhr gearbeitet wird (VwGH
2002/08/0275 RS 9).
VORSICHT FALLE: Die
Kinderbetreuung muss neben der Verfügbarkeit auch zusätzlich die
(fiktiv) erforderliche Wegzeit zu und vom Arbeitsplatz abdecken
können.
Grundsätzlich können Sie neben dem Arbeitslosengeld auch
Kindergeld beziehen. Es gelten die gleichen Kriterien wie wenn Sie
nur Arbeitslosengeld beziehen (VwGH 2004/08/0007).
Auch die Pflege der eigenen Eltern
kann zu einer zeitlich eingeschränkten Verfügbarkeit führen. Wenn
Sie beispielsweise Ihre pflegebedürftigen Eltern in der Früh, zu
Mittag und am Abend mit Essen versorgen, darf das AMS nicht
generell annehmen, dass Sie nicht der Arbeitsvermittlung zur
Verfügung stehen würden, wenn es sehr wohl Arbeit gibt, die mit
diesen Betreuungspflichten vereinbar sein können!
Ein Arbeitsloser bzw. Notstandshilfebezieher erfüllt die
Anspruchsvoraussetzung der Verfügbarkeit nur dann, wenn er
bereit und in der Lage ist, jederzeit eine sich
bietende Arbeitsmöglichkeit zumindest im Umfang der
Verfügbarkeitsgrenze tatsächlich aufzunehmen und
nicht z.B. durch eine anderweitige Inanspruchnahme
(Erwerbstätigkeit, umfangreiche ehrenamtliche Tätigkeit,
Pflege naher Angehöriger etc.) oder durch
allenfalls bestehende rechtliche Hindernisse
daran gehindert ist. Das Fehlen der
Verfügbarkeit ergibt sich aus Umständen,
wonach in aller Regel angenommen werden kann, dass der
Arbeitslose (Notstandshilfebezieher) nicht an einer
entsprechenden neuen Beschäftigung, sondern vorwiegend
an anderen Zielen interessiert ist
(vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom
18. Jänner 2012, Zl. 2010/08/0092, mwV auf
Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz4, § 7
Rz 162/4).
Gemäß § 33 Abs. 2 iVm § 7
Abs. 7 AlVG steht dem Revisionswerber Notstandshilfe
nur dann zu, wenn er sich zur Aufnahme und Ausübung einer
Beschäftigung mit einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von
mindestens 20 Stunden bereithält. Dabei ist aber nicht
- ohne weiteres - entscheidend, ob ein
derartiges Stundenausmaß "werktags tagsüber" erzielbar ist.
Sofern auch Beschäftigungen zu anderen Tageszeiten auf dem
Arbeitsmarkt üblicherweise angeboten werden, sind auch diese zu
berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom
15. Mai 2013, Zl. 2011/08/0373, mwN).
Dies hat die belangte Behörde verkannt, da sie davon ausgeht,
der Revisionswerber müsste sich zur Aufnahme und Ausübung einer
auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, zumutbaren
versicherungspflichtigen Beschäftigung im Ausmaß von
20 Stunden pro Woche im Sinne des § 7 Abs. 3
Z 1 AlVG "zu den üblichen Arbeitszeiten" (werktags und
tagsüber) bereithalten. Ausgehend von dieser unrichtigen
Rechtsansicht hat sie die Möglichkeit einer
stundenweisen Verteilung der Arbeit auf einen Arbeitstag sowie
die Nachtarbeit in ihre Beurteilung nicht
miteinbezogen und daher keine Feststellungen im Hinblick auf die
für den Revisionswerber fallbezogen in Betracht kommenden, am
Arbeitsmarkt üblicher Weise angebotenen Beschäftigungen (unter
den genannten Umständen) getroffen. Sofern - was im
fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein wird - auf dem Arbeitsmarkt
üblicherweise auch Beschäftigungen angeboten werden, die sich
auf unterschiedliche Tageszeiten verteilen oder
Beschäftigungen, die hauptsächlich in den Abend- oder
Nachtstunden ausgeübt werden, wäre nicht von
vornherein auszuschließen, dass der Revisionswerber - trotz
seiner Inanspruchnahme durch die Pflege seiner Mutter und unter
Berücksichtigung der zusätzlich erforderlichen "Behördenwege,
Bankwege und Arztbesuche" sowie der Haushaltsführung - eine
Beschäftigung mit einer wöchentlichen
Normalarbeitszeit von mindestens 20 Stunden
aufnehmen könnte und er damit verfügbar wäre.
VwGH Ro 2014/08/0034 vom 17.10.2014
Entscheidungstext im RIS:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Vwgh&Dokumentnummer=JWT_2014080034_20141017J00
Erste umfangreiche Auseinandersetzung zum Thema Kinderbetreuung
(auch in Bezug auf mittelbare Diskriminierung, die hier
weggelassen wird)
4. Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt aber darin,
dass sich die Beschwerdeführerin im Verfahren aus Anlass einer
Zuweisung zu einem gastgewerblichen Dreischichtbetrieb mit
Nachtarbeit bis 24 Uhr an Wochentagen bzw. bis
23 Uhr an Sonn- und Feiertagen ausschließlich darauf
berufen hat, durch ihre Verpflichtung zur Obsorge für
eine minderjährige Tochter zwar von 7 Uhr bis
18 Uhr, nicht aber nach diesem Zeitpunkt einer
Beschäftigung nachgehen zu können. Es ist daher im
Beschwerdefall - soweit überblickbar erstmals - die
Frage zu untersuchen, ob einer arbeitslosen Person ungeachtet
solcher von ihr ins Treffen geführten Obsorgeverpflichtungen für
minderjährige Kinder Beschäftigungen in jeglicher Arbeitszeit,
d.h. auch solche, die nicht nur untertags (während der üblichen
Arbeitszeiten), sondern auch in der Zeit zwischen 18 Uhr
und 23 Uhr bzw. 24 Uhr (oder auch noch später) zu
verrichten sind, zulässiger Weise angeboten werden dürfen.
4.1. Zunächst ist in diesem Zusammenhang daran zu erinnern,
dass - anders als dies während des Tages der Fall zu sein
pflegt - in den Abendstunden nicht
davon ausgegangen werden kann, dass öffentliche
Betreuungseinrichtungen für Kinder zur Verfügung stehen.
Eltern trifft aber nicht nur gemäß §§ 137
Abs. 1, 144 ABGB die (allgemeine) Verpflichtung
zur Erziehung und Obsorge für ihre Kinder, sondern
das im Beschwerdefall maßgebliche Oö Jugendschutzgesetz
verbietet es den Eltern bei Strafe, Jugendlichen die Übertretung
der Jugendschutzbestimmungen zu ermöglichen oder zu erleichtern,
und normiert in diesem Zusammenhang von den Eltern zu beachtende
Verbote für Jugendliche bis zum 14. Lebensjahr, sich ab
22 Uhr bzw. (ab dem 14. Lebensjahr) ab 24 Uhr
ohne Begleitung Erwachsener an allgemein zugänglichen Orten,
in Gastgewerbebetrieben und in öffentlichen Veranstaltungen,
bzw. (generell) in bestimmten Lokalen aufzuhalten
(vgl. § 5 Abs. 1 und 2 iVm § 4 und § 12
des Oö Jugendschutzgesetzes 2001,
LGBl. Nr. 93/2001). Die von der Beschwerdeführerin
geltend gemachte Verpflichtung zur Obsorge ist daher
- soweit sie nicht an andere Betreuungspersonen bzw. -
einrichtungen delegiert werden kann und sich auf die Abend- und
Nachtstunden bezieht - in besonderem Maße durch
öffentliches Recht gesetzlich geboten und deren Verletzung mit
Strafe bedroht. Die gänzliche Außerachtlassung dieser
(gesetzlichen) Verpflichtungen im Rahmen der
Arbeitslosenversicherung bei Arbeitsvermittlungen innerhalb des
Wohnortes, wenn die angebotene Beschäftigung Nachtarbeit
erfordert, stünde auch zumindest in einem Spannungsverhältnis
zum Gleichheitssatz.
4.2. Das Gesetz schließt aber eine Berücksichtigung solcher
Betreuungspflichten außerhalb der üblichen Arbeitszeiten nicht
aus: 4.2.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen,
mittlerweile ständigen Rechtsprechung die Auffassung vertreten,
dass als Hindernis für die Verfügbarkeit iS des
§ 7 Abs. 3 Z. 1 AlVG Umstände in
Betracht kommen, die es nach der allgemeinen Lebenserfahrung
nicht erwarten lassen, dass während des Andauerns dieser
Umstände noch eine Tätigkeit unter den üblichen und zumutbaren
Bedingungen des Arbeitsmarktes ausgeübt werden kann, und die
daher die unwiderlegliche Vermutung der fehlenden Verfügbarkeit
rechtfertigen (vgl. die grundlegenden Erkenntnisse vom
22. Dezember 1998, Zl. 97/08/0106, und vom
16. Februar 1999, Zl. 97/08/0584, sowie die
Fortführung dieser Rechtsprechung in den Erkenntnissen vom
16. März 1999, Zl. 99/08/0009, vom
13. April 1999, Zl. 99/08/0005, vom
29. Juni 1999, Zl. 98/08/0210, vom
20. Oktober 1999, Zl. 97/08/0485, vom
27. Juli 2001, Zl. 2000/08/0216, uva). Als solche
Umstände (faktischer oder rechtlicher Art - vgl. das
Erkenntnis vom 23. Oktober 2002,
Zl. 2000/08/0086) wurden ua. die erforderliche Pflege naher
Angehöriger angesehen, wenn eine andere Pflegeperson nicht zur
Verfügung steht (vgl. die Erkenntnisse vom
22. Dezember 1998, Zl. 96/08/0398, und vom
16. März 1999, Zl. 99/08/0009), nicht aber auch
ein gewünschter Arbeitsbeginn zwischen 7 Uhr 30 und
8 Uhr (vgl. das Erkenntnis vom
20. Oktober 1999, Zl. 97/08/0485). ...
4.3. Das Fehlen der Verfügbarkeit (als vorab zu prüfendes
Hindernis für den Anspruch auf Arbeitslosengeld) kann nach der
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch durch die
ausdrückliche Bekundung der Arbeitswilligkeit nicht ausgeglichen
werden (vgl. das Erkenntnis vom 3. Oktober 2002,
Zl. 97/08/0596). Dies bedeutet, dass der Gesetzgeber mit
dem Element der Verfügbarkeit insoweit auch Grenzen der
Arbeitswilligkeit in dem Sinne markiert hat, dass es außerhalb
der Grenzen der Verfügbarkeit eines Arbeitslosen auf dessen
Arbeitswilligkeit nicht mehr ankommt, maW dass die Verfügbarkeit
des Arbeitslosen den Rahmen dessen endgültig absteckt, innerhalb
dessen es - Arbeitslosigkeit iS des § 12 AlVG
vorausgesetzt - überhaupt noch auf die Arbeitswilligkeit iS
des § 9 AlVG (oder auch auf die Arbeitsfähigkeit iS des
§ 8 AlVG) ankommt.
4.4. Dies muss konsequenterweise aber auch in jenen Fällen
gelten, in denen zwar eine in zeitlicher Hinsicht
eingeschränkte Verfügbarkeit vorliegt, diese
Einschränkung aber für sich allein genommen den
Leistungsanspruch deshalb nicht in Frage zu stellen vermag, weil
der verbleibende Umfang der Verfügbarkeit unter
dem Gesichtspunkt der Gesetzeszwecke des AlVG und der Interessen
der Versichertengemeinschaft, sowie gemessen an den
Anforderungen des Arbeitsmarktes als ausreichend
erachtet werden muss, weil er den Kriterien
des § 7
Abs. 3 Z. 1 AlVG genügt: außerhalb
objektiv begründeter Grenzen einer insgesamt aber noch
ausreichenden (dh nicht anspruchsschädlichen) zeitlichen
Verfügbarkeit kann es daher auf die Arbeitswilligkeit der
betreffenden Person in ganz gleicher Weise
nicht mehr ankommen. Der zwar in gewisser Hinsicht
(durch zwingende familienrechtliche und
(verwaltungs)strafrechtlich sanktionierte Verpflichtungen)
eingeschränkten, aber nicht gänzlich beseitigten Verfügbarkeit
der Beschwerdeführerin im vorstehend dargelegten Sinne kommt
daher insoweit auch im Zusammenhang mit dem Erfordernis der
Arbeitswilligkeit iS des § 9 AlVG Bedeutung zu, als sich
die Beschwerdeführerin konsequenterweise nur soweit als
arbeitswillig zeigen und sich vermitteln lassen muss, als ihre
Verfügbarkeit reicht. Es liegt insoweit eine mit dem
Verhältnis von bloßen Einschränkungen der körperlichen
Leistungsfähigkeit (die ebenfalls zu eingeschränkten
Vermittlungsmöglichkeiten führen) zur Berufsunfähigkeit (und
damit einem Ansprüche auf Arbeitslosengeld ausschließenden
Gesundheitszustand) vergleichbare Konstellation mit der Maßgabe
vor, dass die dem AMS offenstehende Vermittlungsmöglichkeit iS
des § 9 AlVG nicht nur durch die Fälle der Unzumutbarkeit
iS des § 9 Abs. 2 und 3 AlVG, sondern
- ausnahmsweise - auch durch bestimmte Einschränkungen
der Verfügbarkeit begrenzt sein kann.
5. Die Vermittlung der Beschwerdeführerin zu
Beschäftigungen, die auch mit der Verpflichtung zur Erbringung
von Arbeitsleistungen in den Abend- und Nachtstunden
verbunden sind, erweist sich daher im Hinblick auf
jene die Beschwerdeführerin treffenden, die
Verfügbarkeit insoweit einschränkenden, sie aber nicht
ausschließenden gesetzlichen Obsorgepflichten als unzulässig.
Da somit auch die Verfügung des Verlustes des Anspruchs auf
Notstandshilfe wegen der Weigerung der Beschwerdeführerin, eine
solche Beschäftigung anzunehmen, sich mangels einer gesetzlichen
Grundlage als rechtswidrig erweist, war der angefochtene
Bescheid gem. § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
VwGH 2002/08/0275 vom 23.04.2003
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Vwgh&Dokumentnummer=JWT_2002080275_20030423X00
Weitere Informationen:
Copyright: Mag. Ing. Martin Mair, 2012
Quelle: Erste Hilfe Handbuch für Arbeitslose --> https://www.aktive-arbeitslose.at/erstehilfehandbuch/index.html
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