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Zumutbarkeit einer Arbeit: Zumutbare Wegzeiten, Unterkunft

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a) Wegzeiten:

Teilzeitbeschäftigung: jedenfalls eineinhalb Stunden für die Hin- und Rück­fahrt, unabhängig davon, wie hoch die Beschäftigung ist.

KRITIK: Dies ist eine Verschlechterung gegenüber der Regelung vor der AlVG-­Novelle 2007, wo für eine Arbeitszeit über 20 Wochenstunden die zumutbare Wegzeit tunlichst maximal ein Viertel der Tagesarbeitszeit betragen durfte. In der Rechtsforschung wird das als „mittelbare Diskriminierung“ von Frauen gesehen, weil diese in Österreich extrem häufiger auf Teilzeitarbeit angewiesen sind. Nach EU-Recht ist diese Diskriminierung nach Art 4 Absatz 1 RL 97/7/EWG verboten, der vorwiegend von Männern besetzte Verwaltungsgerichtshof wollte sich bislang dieser Argumentation anschließen (VwGH 2006/08/0157).

Vollzeitbeschäftigung: Jedenfalls zwei Stunden für die Hin- und Rückfahrt. In den Erläuternden Bestimmungen ging das Wirtschaftsministerium im Rechenbeispiel von einer Wochenarbeitszeit von 35 Wochenstunden aus. Wie weiter darunter liegende Arbeitszeiten als Vollbeschäftigung gelten ist noch nicht gerichtlich geklärt.

Geringfügige Überschreitungen müssen Sie hinnehmen. Wesentlich darüber liegen­de Wegzeiten sind dann zumutbar, wenn entweder in Ihrem Wohnort eine längere Fahrtstrecke zum Arbeitsplatz üblich ist („Pendlerregion“) oder aber besonders attraktive Arbeitsangebote geboten werden wie besonders hohe Bezahlung, kostenlose Hin- und Rückfahrt mit einem Betriebsbus, Betriebskindergarten, …

Aber: Alter und lange Arbeitslosigkeit alleine rechtfertigen nicht die Zumutbarkeit überlanger Wegzeiten! (VwGH 2007/08/0056 RS 1)

Feststellung des Arbeitsortes
Wenn der Arbeitsort nicht konkretisiert worden ist und daher nicht überprüft werden kann, ob die Wegzeit zumutbar ist, dann darf das AMS laut BVwG W121 2003172-1/8E auch nicht sperren, selbst dann nicht, wenn die Stellenbewerber*in bei der Stellenwerber*in verabsäumt hat, selbst nachzufragen.

Haben Arbeitnehmer sich an wechselnden Arbeitsorten einzufinden (z.B. Baustellen) und nennt der Arbeitgeber beim Vorstellungsgespräch keinen fixen Arbeitsort, ist eine Beurteilung der Wegzeiten nicht möglich und das AMS darf nicht sperren,  selbst dann nicht, wenn der/die Stellenbewerber*in verabsäumt hat beim Vorstellungsgespräch nachzufragen. Hätte der/die Arbeitnehmer*in sich am Firmenort einzufinden, wäre  die Fahrt vom Firmenort zum Einsatzort als Arbeitszeit zu werten. Das AMS hätte dann nur zu überprüfen, ob die Wegzeit zum Firmenort mit öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar ist (VwGH 2006/08/0329).

PKW und öffentliche Verkehrsmittel

Ist ein Arbeitsort nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar, ist ein Stellenangebot  dennoch zumutbar, wenn dem/der Arbeit Suchenden ein Kraftfahrzeug zur Verfügung steht.

Wer keinen eigenen PKW hat, dem ist eine Stellen, bei der konkret  in der Stellenbeschreibung ein eigener PKW als Voraussetzung genannt wird,   jedenfalls nicht zumutbar (VwGH 2005/08/0157)

Im Urteil VwGH 99/08/0104 geht sogar von einer gewissen Pflicht zur Instandhaltung und Erhaltung des Fahrzeugs aus, weshalb mitunter eine rechtzeitige Abmeldung des Kraftfahrzeugs zu empfehlen wäre. Kann sich der Betroffene aber die Instandsetzung oder -haltung des KFZ nicht leisten, so hat das AMS gemäß § 34 Absatz 1 AMSG eine Beihilfe zur „Überwindung von kostenbedingten Hindernissen“ zu leisten.

Als Wegzeit gelten die in der Regel täglich zum und vom Arbeitsplatz zurück zu legende Zeit. Verzögerungen, Staus etc. werden nur so weit berücksichtigt, als sie regelmäßig auftreten.

Bei Wegzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind neben den Fahrplanzeiten auch die Geh­zeiten zu und von den Haltestellen einzurechnen. Sollte unklar sein, ob ein Arbeitsort mit öffentlichen Verkehrsmittel erreichbar ist und wie groß die Wegzeiten sind, fragen Sie daher rechtzeitig das AMS, nach einer Sperre wegen „Vereitelung“ ist es zu spät!

Bloße (potentielle) Mitfahrgelegenheiten bei Arbeitskollegen nicht für die Zumutbarkeit aus (VwGH 98/08/0355 RS 4) weil diese nicht jederzeit zur Verfügung steht (z.B. Urlaub oder Krankheit des/der Fahrzeugbesitzers).

Steht ein Fahrzeug des/der Lebenspartner/in zur Verfügung so darf das AMS nicht von haus aus annehmen, dass mensch damit eine Mitfahrgelegenheit hat sonder muß amtswegig ermitteln ober im konkreten Fall diese Möglichkeit eventuell in Zusammenhang mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Verfügung steht und zumutbare Wegzeiten ergibt. Das AMS hat daher auch zu ermitteln, ob der/die Lebenspartner/in das Fahrzeug selbst (dringlicher) braucht. (VwGH 98/08/0355 TE)

Mitbewohner*innen bloßer Wohngemeinschaften haben im Gegensatz zu Ehepartner*innen keine gesetzliche Beistandspflichten und bilden auch keine Haushaltsgemeinschaft, die eventuell bei nicht ehelichen Partnerschaften zu gegenseitigen Verpflichtungen führen könnten. Daher begründen Autos von bloßen Mitbewohner*innen keine Zumutbarkeit von Arbeit, die nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden kann!

Eine Wegzeit zu Fuß und nachts mit einer Teilstrecke auf einer Bundesstraße ohne eigenen Fußweg gilt laut AlVG-Praxiskommentar Rz 249 als unzumutbar. Unsere Rechtsvermutung dazu: Von der gesetzlichen Unfallversicherung der AUVA sind nach § 175 Abs. 2 Z1 ASVG auch Unfälle am Arbeitsweg versichert. Dabei wird nur die „typische Weggefahr“ (10ObS30/08x) versichert wenn diese „keine besondere Gefahr darstellt, die zu einem Versicherungsausschluß“ führt (10ObS226/89). Das heißt, nur die Benutzung von „gesicherten Wegen“ unter dem Gesichtspunktes des Wunsches „den Weg möglichst störungsfrei und zweckmäßig zurückzulegen“ (OGH 10ObS5/05s) wird versichert sein. Sich am Arbeitsweg besonderer Gefahren auszusetzen kann jedenfalls auch so nicht als zumutbar gewertet werden!

b) Unterkunft ("überregionale Stellenvermittlung")

Stellt der Arbeitgeber eine Unterkunft zur Verfügung, so sollen nach § 9 Absatz 2 AlVG auch auswärtige Arbeitsangebote zumutbar sein, sofern dem nicht gesetzliche Betreuungspflichten entgegen stehen.

KRITIK: Dem spricht das im Verfassungsrang stehende Grundrecht auf freie Wahl des Ortes von „Aufenthalt und Wohnsitz“ nach § 6 Staatsgrundgesetz (StGG) [Text im RIS] sowie des Grundrechts der „Freizügigkeit der Person“ (§ 4 StGG) [Text im RIS]. Ebenfalls im Verfassungsrang steht die Europäische Menschenrechtskonvention, die in Artikel 2 des von Österreich ratifizierten 4. Zusatzprotokoll ebenfalls das Grundrecht auf freie Wohnsitzwahl enthält: "Jedermann, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält, hat das Recht, sich dort frei zu bewegen und seinen Wohnsitz frei zu wählen." [Text im RIS]

Weiters kann durch eine auswärtige Arbeit das ebenfalls in Verfassungsrang stehende Recht auf Schutz/Genuß des Privatlebens (Artikel 8 EMRK) beeinträchtigt werden. Auch gesetzliche Betreuungspflichten für Angehörige sind auf jeden Fall vom AMS zu berücksichtigen, weil das sogar in § 9 Absatz 2 AlVG extra angeführt wird!

Durch die Fahrtkosten des Wochenpendelns würde auf jeden Fall das eigene Einkommen massiv geschmälert, weshalb diese Kosten vom AMS in Form einer Förderung einzufordern sind.

Die eher antiquiert anmutende Möglichkeit einer Vermittung von Arbeit mit Wochenendpendeln wird vom AMS vermehrt zur Einschüchterung von Erwerbsarbeitslosen angewandt. Mit Verweis auf die in der Verfassung garantierten Rechte (EMRK, StGG) können derart schikanöse Drohungen meist abgewendet werden.

Rechtsprechung zu dieser schikanösen Regelung, die wohl noch aus dem vorletzten Jahrhundert stammt, uns aber noch keine bekannt.

Siehe auch: Vorsicht vor der überregionalen Stellenvermittlung

Vorstellungskosten

Laut Obersten Gerichtshof 9ObA111/89 hat der potentielle Arbeitgeber die Kosten des Bewerbungsgespräches (Fahrtkosten, Unterkunftskosten) zu tragen, wenn er den/die Bewerber/in ausdrücklich zur persönlichen Vorstellung aufgefordert hat.

"Im Schrifttum wird der Anspruch auf Kosten der Auslagen für eine Vorstellung, die aufgrund einer Aufforderung des potentiellen Arbeitgebers erfolgte, im wesentlichen übereinstimmend bejaht, wobei dieses Ergebnis vor allem auf § 863 ABGB, aber auch auf §§ 1002 ff, insbesondere § 1014 ABGB, überzeugend gegründet wird. Für die Annahme einer stillschweigenden Willenserklärung kommt es nicht primär auf das tatsächliche Vorliegen eines rechtsgeschäftlichen Willens oder Bewußtseins an.

Entscheidend ist vielmehr, ob der Erklärungsempfänger - hier der Stellenbewerber - bei sorgfältiger Deutung eine bestimmte rechtsgeschäftliche Absicht erschließen durfte oder erschlossen hat, die auch bei Fehlen von ausdrücklichen und übereinstimmenden Willenserklärungen der Parteien bei überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln läßt (§ 863 ABGB), daß sich der andere in bestimmter Weise hier zur Zahlung der angefallenen Vorstellungskosten verpflichten wollte.

Das wird in der Regel der Fall sein, wenn ein Teil Leistungen erbringt, wenn sich also der Stellenbewerber nach Aufforderung durch den Arbeitgeber vorstellt und dieser die damit verbundenen Leistungen, sofern nicht der Arbeitgeber den Ersatzanspruch von vornherein klar ausschließt oder sich ein solcher Ausschluß aus den Umständen, unter denen die Vorstellung erfolgt, ergibt. Wird der Arbeitnehmer ausdrücklich zur persönlichen Vorstellung durch den Arbeitgeber aufgefordert, so besteht Grund zur Annahme, daß sich der Arbeitgeber nach § 863 ABGB stillschweigend zum Kostenersatz verpflichtet hat (Egger, DRdA 1982, 89 ff, insbesonders 100; Schoibl, RdW 1985, 247 ff, insbesonders 248; Mayer-Maly, Arbeitsrecht I 1987 , 60).

Die Aufforderung durch den Arbeitgeber zur Vorstellung des Bewerbers kann aber auch als Anbot eines Auftrages gesehen werden, der vom Bewerber ausdrücklich oder stillschweigend durch konkludente Handlung angenommen wird und einen Ersatzanspruch aus den §§ 1002 ff, 1014 ABGB entstehen läßt."

Sollte ein Unternehmen von vorneherein die übernahme von Vorstellungskosten verweigern, können Sie schon darauf hinweisen, daß Sie sich diese nicht leisten können und beim AMS daher erst einmal um übernahme dieser Kosten ansuchen müssen ...

VORSICHT FALLE! Das AMS schummelt neuerdings immer öfter in den Betreuungsplan eine Ausweitung des Ortsgebietes in das vermittelt werden soll. Insbesondere wenn gar "österreichweit" hineingeschrieben wird sollte Sie auf jeden Fall diesem Betreuungsplan NICHT zustimmen und Ihre Ablehnung der rechtswidrigen Ausweitung des Surchradius festhalten lassen bzw. im Nachhinein einen Einspruch schreiben!

Argumentationstipp: Weisen Sie Ihre/n AMS-Berater/in darauf hin, dass unpassende und schikanöse Zuweisungen auf die Zuweisenden zurück fallen, weil diese nicht nur ihre eigene Lebenszeit vergeuden sondern auch der Wirtschaft massiven Schaden zufügen. Seriöse Unternehmen sind nur an motivierten Mitarbeiter/innen interessiert, die auch gute Leistung bringen, nicht krank werden und die auch längerfristig im Betrieb bleiben. Es gibt ja schließlich die Probezeit, in der Arbeitgeber überzeugt werden können, nicht geeignet für den Job zu sein. Sie dürfen beim Kontrollmeldetermin nämlich Bedenken über AMS-Zuweisungen äußern, müssen aber bereit sein, diesen dennoch nachzukommen (VwGH 2005/08/0159 RS 1)

Aufruf: Aufgrund der immer wieder in den Medien aufflammenden Diskussion angeblich "arbeitsunwilliger Arbeitsloser" und armer Unternehmer, die kein Personal finden, weil vor Ort keine da seien, fordert Aktive Arbeitslose österreich unerwünschte überregionale Vermittlung in Arbeit mit Unterkunft vor Ort anonymisert (die eigenen Person, nicht das Unternehmen!") an kontakt@aktive-arbeitslose.at zu schicken damit eine Liste schwarzer Schafe in der Wirtschaft erstellt werden kann, die das Menschenrecht auf freie Wohnsitzwahl mißachten.

Vor unseriösen Unternehmen schützt mensch sich am besten dadurch, dass mensch sich über das Arbeitsrecht informiert und durch gezielte Fragen sein Wissen darüber zu erkennen gibt und indem mensch gleich alles mitschreibt und dokumentiert ...

Copyright: 2012 + 2020, Mag. Ing. Martin Mair

Quelle: Erste Hilfe Handbuch für Arbeitslose --> https://www.aktive-arbeitslose.at/erstehilfehandbuch/index.html

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