arbeitslosennetz home


Arbeitslosigkeit
  News
  Fälle & Berichte
  Rechtshilfe
  Downloads
  Aktionen
     Links
Gewerkschaft
Termine

Rechtsinfo Anfrage
über uns
Aktive Arbeitslose

 

Bezugseinstellung nach § 24 AlVG

(letzte Änderung: 17.2.2020)

§ 24 AlVG regelt die Vorgangsweise des AMS, wenn eine maßgebliche Anspruchsvoraussetzung des Bezugs von AMS-Geldern wegfällt oder sich ändert. Fällt eine Voraussetzung (Arbeitslosigkeit, Arbeitsfähigkeit, Verfügbarkeit, Arbeitswilligkeit) dauerhaft bzw. grundsätzlich weg, so muß das AMS den Bezug einstellen.

Im Gegensatz dazu werden unter dem Begriff "Bezugssperren" vorübergehende Einstellungen des AMS-Bezugs bezeichnet, die nach einer bestimmten Zeit automatisch wieder vorbei sind und wegen punktueller Verfehlungen (z.B. Nichtannahme einer zugewiesenen Arbeit oder AMS-Maßnahme) vom AMS verhängt werden.

Prinzipiell ist eine Bezugseinstellung - da es sich beim AMS-Bezug laut Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und Verfassungsgerichtshof (G363/97 u.a. vom 11.03.1998, Urteil im RIS, Rechtssatz im RIS) um ein "vermögenswertes Recht" handelt -  nur per Bescheid möglich.

VORSICHT FALLE Mitteilung nach § 24 AlVG: Aufgrund wachsender Kritik an dieser Praxis des AMS und mehrerer  Verwaltungsgerichtshofurteile (VwGH 97/08/0446, VwGH 98/05/0335, VwGH 98/08/0203, VwGH 2001/08/0067) wurde um der formlosen Bezugseinstellungen eine Scheinlegitimation zu geben daher 2003 mit dem Budgetbegleitgesetz  im AlVG auf Zuruf durch das AMS extra der § 24 AlVG mit nicht nur unserer Meinung nach verfassungswidrigem Inhalt geändert: Nun braucht das AMS Ihnen nur noch eine Mitteilung nach § 24 AlVG zustellen, wenn das AMS den Bezug wegen was auch immer einstellt. Ein Bescheid müsse demnach vom AMS nur noch dann ausgestellt werde, wenn Sie binnen 4 Wochen einen Antrag auf Ausstellung eines Bescheids stellen. Stellt das AMS nachdem es Ihren Antrag erhalten hat, Ihnen binnen weiterer 4 Wochen keinen Bescheid zu, muß das AMS die Bezugseinstellung wieder von Amts wegen aufzuheben.

Nach Meinung des Verfassungsgerichtshofs in einer Entscheidung aus 2016 soll schon die Mitteilung nach Par. 24 AlVG mit dem erst auf Antrag auszustellenden Bescheid gleichwertig sein, weshalb bereits die Zustellung der formlosen Mitteilung über die Bezugsseinstellung eine Klage nach Artikel 137 B-VG unmöglich machen soll, weil Sie ja die Möglichkeit hätten, einen Bescheid zu verlangen.

In der Rechtsliteratur wird auch diese Regelung als verfassungswidrig angesehen, weil weiterhin – wenn kein Bescheid verlangt wird – eine Bezugseinstellung ohne Bescheid möglich ist. Abweichungen von grundlegenden Verfahrensrechten müssen laut Verfassungsgerichtshof "schlechthin unerlässlich" sein (VfGH 1.3.2003, G 319/01). Laut Erläuterungen der Regierungsvorlage bei der oben dargestellten Neuregelung der Bezugseinstellung hatte die Regierung sogar angegeben, damit den Rechtsschutz zu verbessern!

Tipp: Dieses Argument sollte daher unbedingt beim nächsten Versuch, Bezugseinstellungen ohne Bescheid zu bekämpfen, auch konkret in Stellung gebracht werden!

Unserer Meinung nach bezieht sich zudem die Bezugseinstellung nach § 24 AlVG ursprünglich nur auf den dauerhaften Wegfall der "maßgeblichen Anspruchsvoraussetzungen" (Arbeitslosigkeit, Arbeitsfähigkeit, Verfügbarkeit, Arbeitswilligkeit), nicht auf punktuelle Verfehlungen, die mit befristeten Bezugssperren nach § 8, 10 oder § 49 sanktioniert werden. Eine dauerhafte „Arbeitsunwilligkeit“ nach § 9 AlVG liegt z.B. dann vor, wenn jemand erklärt, prinzipiell keine Arbeit zu suchen/anzunehmen und/oder prinzipiell keine AMS-Maßnahmen zu machen. Auch eine mehrmalige Bezugssperre in kurzem Zeitraum kann als generelle Arbeitsunwilligkeit gewertet zu einer generellen, also dauerhaften, Bezugseinstellung nach § 9 AlVG führen. Ein Neubezug ist dann erst nach neuem Antrag und Beweis der Arbeitswilligkeit (Arbeitsversuche, ernsthafte Bewerbungen) möglich.

Tipp: Wir emfpehlen daher, auf jeden Fall einen Bescheid zu verlangen [Musterbrief Bescheidausstellung] und auf die Verfassungswidrigkeit der Bezugseinstellung hinzuweisen. Üblicherweise gibt das sogar den Grund der Bezugseinstellung Ihnen bekannt, was bei der Gelegenheit natürlich auch gleich eingefordert werden kann, um sich auf die Niederschrift beim AMS vorzubereiten zu können!

Ebenso sollte bei Bescheidbeschwerden beim Bundesverwaltungsgericht gegen AMS-Bezugssperren die Überprüfung von § 24 AlVG durch den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung der EMRK und des Bundes-Verfassungsgesetzes beantragt werden. Ebenso ist eine Beschwerde bei der Volksanwaltschaft angebracht, damit diese den systematischen Verfassungsbruch durch das AMS wenigstens thematisiert! (Musterbriefe in Vorbereitung)

Siehe dazu: Einstellung des Bezugs wegen genereller Arbeitsunwilligkeit ("§ 9 AlVG Sperre")

Das AMS darf erst dann eine Rückforderung z.B. über eine Nachzahlung erst dann stellen, wenn das gesamte Verfahren abgeschlossen ist und der Erstbescheid endgültig Rechtskraft hat. Siehe dazu Schreiben der Volksanwaltschaft vom 22.6.2015.

Ist die ("vorläufige") Bezugseinstellung nach § 24 AlVG bei punktuellen Verfehlungen rechtens?

Dennoch beruft sich das AMS bei „vorläufigen Bezugseinstellungen“ vor Bezugssperren nach §§ 9, 10 und 49 AlVG auf diesen Paragrafen und stellt sogar den Bezug ein, wenn laut Mitteilungen lediglich „sich Fragen über Ihren Bezug“ ergeben haben. Das wird auch in der Rechtsliteratur kritisiert: „Die Be­hörde ist daher vor Entscheidung darüber verpflichtet, ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren im Sinne der §§ 37ff AVG durchzuführen und nicht erst dann, wenn Bescheiderlassung begehrt wird. Es ist aber jedenfalls anzuneh­men, dass der VfGH bald mit dieser Regelung befasst sein wird.“ (Krapf/Keul)

Dazu Univ. Prof. Dr. Walter Pfeil im Standardwerk "Arbeitslosenversicherungsrecht" auf Seite 122/8: "Die immer wieder anzutreffende Verwaltungspraxis, die Leitung auf Verdacht hin einzustellen und auf eine Reaktion des Leistungswerbers zu warten, stellt eine eklatante Verletzung des Grundsatzes der Rechtsstaatlichkeit im Sinne des Artikel 18 Bundes-Verfassungsgesetzes dar."

Tipp: Eine Dienstaufsichtsbeschwerde und eine Beschwerde bei Volksanwaltschaft wären eine risikolose Form der Gegenwehr gegen dieses schikanöse und einschüchternde Vorgehen des AMS!

Muß ich mich während einer "vorläufigen Bezugssperre" um eine Arbeit bewerben?

VORSICHT FALLE! Laut neuerer (Un)Rechtsprechung meint der Verwaltungsgerichtshof, dass wenn der Bezug zur „Prüfung eines Tatbestandes nach § 10 AlVG“ eingestellt werde, der Arbeitsuchende sei dennoch „nicht von seiner Verpflichtung entbunden, eine zugewiesene, zumutbare Beschäftigung anzunehmen“ (VwGH 2009/08/0113, 2007/08/ 0231).

Damit verletzt der Verwaltungsgerichtshof unserer Meinung nach auch das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot bzw. das Recht auf ein faires Verfahren nach Artikel 6 EMRK, weil erst nach dem Ermittlungsverfahren die Bezugssperre rechtlich ausgesprochen wird, was keinesfalls voraussehbar ist. Gerade in Hinblick auf die grundsätzlich verfassungswidrige Einstellung des vermögenswertes Rechts AMS-Bezug [Urteil im RIS] ein sehr fragwürdiges Urteil das darauf beruht, dass nicht alle Argumente gegen die "vorläufige Bezugseinstellung" eingebracht worden sind.

Natürlich ist es empfehlensewert passende Stellenangebote dennoch anzunehmen, zumal es ja eine Probezeit gibt, bei der das Unternehmen feststellen kann, ob mensch für den Job geeignet und motiviert genug ist.

Rechtsgrundlagen:

Gerichtsurteile / Prüfverfahren

Weitere Information:

Siehe auch:

 mehr Sucheoptionen

Impressum

Vita Activa Unterstützt von Vita Activa
Webhosting