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Voraussetzungen für den Bezug des Arbeitslosengeldes:
Arbeitswilligkeit - Eigeninitiative / Eigenbewerbungen
Letzte Änderung: 14.10.2019 (Speicherung von
Daten über Eigenbewerbungen)
Laut § 10 Absatz 1 Ziffer 4 AlVG „auf
Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle“ verpflichtet
„ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung
nachzuweisen“. Kommen Sie dieser „Aufforderung“ des AMS, die
unserer Meinung nach nur in Form eines Bescheides rechtsgültig
wäre, nicht nach, so stellt das AMS Ihnen den Bezug für 6 oder 8
Wochen gemäß § 10 AlVG ein!
Wann darf das AMS einen Nachweis der Eigeninitiative verlangen?
„In jenen Fällen, in denen nach Auffassung des
AMS von dem/der Arbeitslosen nicht die entsprechende
Eigeninitiative zur Erlangung einer Beschäftigung gesetzt wird“
(AMS BRL „Verfahren nach den §§ 9 und 10 AlVG“ Seite 6). Das
AMS darf also nicht von vornherein konkrete Vorschreibungen
machen! Zeigen Sie also von sich aus, dass Sie alle Anstrengungen
unternehmen!
Wie Umfangreich muss die Eigeninitiative sein?
Fest steht, dass Sie auf jeden Fall
Eigenbewerbungen machen müssen: "Es kann keinem Zweifel
unterliegen, dass eine grundsätzliche und nachhaltige Weigerung,
auch in Vorheriger SuchbegriffEigeninitiative eine Beschäftigung
zu suchen, im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 AlVG zum Verlust des
Anspruchs in der dort vorgesehenen Dauer führt, zumal dann, wenn
das Gesamtverhalten des Arbeitslosen keinen Zweifel daran lässt,
dass seine Anstrengungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 AlVG
keinesfalls "ausreichend" waren (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom
19. September 2007, Zl. 2006/08/0337)." (VwGH 2007/08/0219 RS 1)
Wenn Sie über die Pflicht informiert worden sind,
gesteht Ihnen der Verwaltugnsgerichtshof auch keine Nachsicht zu:
"Von einem berücksichtigungswürdigen Grund iSd § 10 Abs 3 AlVG
kann dann nicht die Rede sein, wenn sich der Arbeitslose auch nach
entsprechender Belehrung generell weigert, Eigeninitiative zu
entwickeln." (VwGH 2007/08/0219 RS 2)
Das AMS darf die Latte nicht zu hoch setzen: „Von
vornherein aussichtslose Bewerbungen zu verlangen ist nicht
zulässig (Krapf/Keul § 9 Seite 24)" (VwGH 2008/08/0137 RS 3).
Weiter im Entscheidungstext: "Im Hinblick auf den notorischen
Umstand, dass im Zeitraum vom 17. Dezember 2007 bis 9. Jänner 2008
infolge der Weihnachtsfeiertage nur 12 Arbeitstage liegen und
überdies (im Hinblick auf die regelmäßig gegebene Witterung in
diesem Zeitraum) Bauarbeiten häufig unterbrochen (oder nicht
begonnen) werden, wären aber diese Feststellungen zur Beurteilung
der Frage notwendig gewesen, ob in diesem Zeitraum Bewerbungen -
insbesondere auch persönliche Vorstellungen - überhaupt möglich
und nicht von vornherein aussichtslos gewesen wären." (VwGH
2008/08/0137)
VORSICHT FALLE: Allerdings gelten - wenn z.B.
nicht ausreichend konkrete Stellenangebote auffindbar sind - auch
Blindbewerbungen als zumutbar (VwGH 2010/08/0055 E, VwGH
2011/08/0201 RS 3). Keine passenden Stellen zu finden gilt also
nicht als Rechtfertigung, keine Bewerbungen machen zu müssen! Auch
wenn Blindbewerbungen meistens sinnlos sind, machen sie eine
Standardbewerbung für das AMS! Sie können den/die AMS-Berater/in
dass die Unternehmen sicher nicht gut auf das AMS zu sprechen
sind, wenn diese laufend mit sinnlosen Bewerbungen zugeschüttet
werden.
Eine generelle Weigerung sich
auch für andere Stellen zu bewerben, kann daher laut
Verwaltungsgerichtshof mit einer Bezugssperre bestraft werden!
(VwGH 2008/08/0013 RS 3). Andererseits darf das AMS selbst nicht
generell vorschreiben, dass Sie sich in anderen Bereichen
bewerben, wenn ausreichend Stellen in Ihrem Bereich vorhanden sind
und Bewerbungen hier nicht von vorneherein keinerlei
Erfolgschancen haben!
Der VwGH mutet Ihnen da einiges zu: „Bedeutsam
sind nicht nur Art und Ausmaß, sondern auch die Ernsthaftigkeit
der glaubhaft gemachten Anstrengungen. Auf das
Verhältnis der auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden freien Stellen
und der Zahl der Arbeitslosen kommt es hingegen nicht an. Dem
Arbeitslosen wird vielmehr – je nach der Zahl der angebotenen
Stellen – zugemutet, mit den anderen Arbeitslosen im Bemühen um
Erlangung einer solchen Stelle zu konkurrieren.“ (VwGH
96/08/0241).
Als zumutbares Maß legen die im obigen
VwGH-Urteil zitierten Erläuternden Bestimmungen zur
Beschäftigungsnovelle 1993 fest: "Im Allgemeinen kann davon
ausgegangen werden, dass eine Bewerbung pro Woche sicher
das Minimum der zu erwartenden Anstrengungen sind. In
jenen konkreten Fällen, in denen nach Auffassung des Beraters vom
Arbeitslosen nicht die entsprechenden Eigeninitiativen zur
Erlangung einer Beschäftigung gesetzt werden, soll das
Arbeitsmarktservice den Arbeitslosen auffordern, eine bestimmte
Eite eine vorgegebenen Zahl von Bewerbungen anhand von Unterlagen
nachzuweisen. Bei dieser Maßnahme ist jedoch nicht an eine
schematische Vorgangsweise gedacht, vielmehr wird bei der
Festsetzung der Zahl der Bewerbungen auf das Alter, den
Gesundheitszustand, die Bildung und Ausbildung des Arbeitslosen
entsprechend Bedacht zu nehmen sein."
Laut Verwaltungsgerichtshof hat das AMS "unter
den konkreten Verhältnissen vor dem Hintergrund des - ebenfalls
darzustellenden - Umfeldes auf dem konkret in Frage kommenden Teil
des Arbeitsmarktes nach den persönlichen Verhältnissen des
Arbeitslosen ausreichend waren oder nicht." (VwGH 2008/08/0137 RS
1)
Laut Verwaltungsgericht gelten 2 Bewerbungen in 3
Wochen als gerechtfertig (VwGH 94/08/0069). In der PRaxis sind 1
bis 2 Bewerbungen üblich. Was drüber hinaus liegt, ist angesichts
der fehlenden Stellenangebote als schikanös zu bezeichnen.
Konkrete Urteile sind uns allerdings noch nicht bekannt!
Sie dürfen aber durchaus fallweise weniger
Bewerbungen vorlegen als vom AMS verlangt: „Wird eine solche
Aufforderung dahingehend konkretisiert, dass der Arbeitslose
monatlich eine bestimmte Zahl von Bewerbungen nachweisen soll, kann dies
aber nichts daran ändern, dass der Arbeitslose nur glaubhaft
machen musste, er habe ausreichende Anstrengungen zur
Erlangung einer Beschäftigung gemacht. Es ist also Aufgabe der Behörde zu beurteilen, ob
die glaubhaft gemachten Anstrengungen unter den
konkreten Verhältnissen vor dem Hintergrund des –
ebenfalls darzustellenden – Umfeldes auf dem konkret in Frage
kommenden Teil des Arbeitsmarktes und nach den persönlichen
Verhältnissen (Stand, Alter, Ausbildung) des Arbeitslosen
'ausreichend' waren oder nicht.“ (VwGH
2006/08/0099 RS 1).
Darf das AMS vorschreiben, eine bestimmte Anzahl
von Bewerbungen pro Woche zu machen?
Streng genommen nicht, da das AMS ja das
Gesamtverhalten zu beurteilen hat. Das AMS schreibt dennoch gerne
- noch dazu zur Einschüchterung per Niederschrift - eine bestimmte
Anzahl von Bewerbungen vor. Laut verwaltungsgerichtshof ist das
aber rechtswidrig und kann bestenfalls nur als Richtschnur
betrachtet werden:
"Im Beschwerdefall wurde die Aufforderung
des Arbeitsmarktservice dahin konkretisiert, dass der
Beschwerdeführer wöchentlich eine bestimmte Zahl von
Bewerbungen nachweisen sollte. Vor dem Hintergrund der
dargestellten Rechtslage erweist sich die von der belangten
Behörde im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung,
schon ein Zuwiderhandeln gegen eine in dieser Weise
vorgeschriebenen Zahl von Bewerbungen sei als Vereitelung im
Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG anzusehen,
als rechtswidrig. Erwägungen zur Frage der
"ausreichenden Anstrengungen" enthält der angefochtene Bescheid,
ausgehend von der vom Verwaltungsgerichtshof nicht
gebilligten Rechtsauffassung, das Zuwiderhandeln gegen
die Aufforderung, eine bestimmte Zahl von Bewerbungen
nachzuweisen, sei für den Verlust des Anspruches aus
Notstandshilfe ausreichend, nicht." (VwGH 2006/08/0099 E)
So kann es ausreichen, wenn Sie drei
anstelle von vereinbarten fünf Bewerbungen vorlegen,
wenn Ihre Anstrengungen insgesamt ausreichend erscheinen (VwGH
96/08/0241).
Dar das AMS mir vorschreiben, bei welchen Firmen bzw. in welchen
Brachen / Tätigkeitsbereichen in Eigenbewerbungen mache?
Da die Eigenbewerbungen in den persönlichen Bereich fallen und
sozusagen der Rest des Menschenrechts auf frei gewählte Arbeit
nach ILO Übereinkommen 122 (in den Erläuterungen zum AMSG als Ziel
geannt) darstellen, darf das AMS natürlich nicht vorschreiben wo
mensch sich bewirbt. Allerdings müssen die Eigenbewerbungen
zumindest halbwegs realistisch sein. Wenn mensch sich systematisch
bei Stellen bewirbt, bei denen mensch aufgrund fehlender
Qualifikation oder anderer Umstände objektiv betrachtet überhaupt
keine Cahnce hat, könnte das vom AMS unter Umständen als nicht
ausreichende Eigenbemühung gewertet werden.
Wie muss ich die Eigeninitiative nachweisen?
„Für die Glaubhaftmachung der
eigenen Anstrengung genügen glaubwürdige Hinweise wie
z.B. Kopien von Bewerbungsschreiben oder Angabe der Kontaktperson
der Firma, mit der telefoniert wurde.“ (VwGH
96/08/0241). Es bleibt also Ihnen selbst überlassen, wie Sie
Ihre Bemühungen „glaubhaft“ machen. Die vom AMS ausgegebenen
Listen zum Nachweis der Bewerbungen sollten reichen.
Dazu die AMS-Bundesrichtlinie „Verfahren nach den
§§ 9 und 10 AlVG“, Seite 7: „Nicht zulässig
dagegen ist Vorgabe der Form des Nachweises der
Anstrengungen des/der Arbeitslosen.“ Die Bewerbungslisten sind
also in der Regel ausreichend!
Sie müssen keinesfalls dem AMS Ihren Lebenslauf
oder konkrete Bewerbungsschreiben überlassen, die schützenswerte
persönliche Daten enthalten können. Laut Verwaltungsgerichtshof
fallen nämlich die Eigenbewerbungen unter Ihre "persönliche
Sphäre" und können daher von der regionalen
Geschäftsstelle nur eingeschränkt überprüft
werden (VwGH
2013/08/0070 RS 1). Ein vorweisen (herzeigen) der
Bewerbungsunterlagen sollte reichen!
Hinweis: Die
"persönliche Sphäre" ist durch Artikel 8 Europäische
Menschenrechtskonvention geschützt, die in Verfassungsrang
steht und somit unmittelbar umzusetzen ist und nur für genau
angeführte Zwecke durch Gesetze eingeschränkt werden werden darf.
Darf das AMS die Daten meiner
Eigenbewerbungen speichern?
Da die Eigenbewerbungen unter Artikel 8 EMRK
fallen, darf unserer Meinung nach das AMS nach EU DSGVO die Daten
über konkrete Eigenbewerbungen natürlich auch nicht
speichern sondern darf nur zu den Kontrollterminen vermerken, dass
die Eigenbewerbungen ausreichend waren. Das es bei den
Eigenbewerbungen auf das "Gesamtverhalten" ankommt könnte das AMS
maximal eine Speicherung für wenige Monate (3 - 6) argumentieren,
da schwache Bewerbungsmonate in beschränkten Ausmass durchaus
durch bewerbungsstarke Monate wett gemacht werden könnten. Eine
langfristige Speicherung von Daten über Eigenbewerbungen kann aus
datenschutzrechtlicher Sicht keinesfalls gerechtfertigt werden!
Die Vermerkung der Anzahl der Bewerbungen in einer
(elektronischen) Aktenotiz mag noch gerechtfertigt sein, mehr
nicht.
AMS Dienstanweisungen
In jenen Fällen, in denen nach Auffassung des
Arbeitsmarktservice von dem/der Arbeitslosen nicht die
entsprechende Eigeninitiative zur Erlangung einer Beschäftigung
gesetzt wird, ist diese/r aufzufordern ausreichende Anstrengungen
zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen. Bei Festsetzung
der Zahl der Bewerbungen ist auf das Alter, den
Gesundheitszustand, die Bildung und Ausbildung sowie auf die
Arbeitsmarktbedingungen in den Arbeitsmarktsegmenten, die für die
jeweilige Person in Frage kommen, Bedacht zu nehmen.
Dementsprechend muss der Niederschrift neben der Anzahl der
vereinbarten Bewerbungen und dem dafür vorgegebenen Zeitraum auch
der in Frage kommende Teil des Arbeitsmarktes sowie eine
Begründung der Zumutbarkeit zu entnehmen sein. Ebenso
niederschriftlich festzuhalten ist, wenn Nachweise über die
Eigeninitiative eingefordert werden. Nicht zulässig
ist dagegen die Vorgabe der Form des Nachweises
der Anstrengung des/der Arbeitslosen. Es genügen
glaubwürdige Hinweise wie z.B. Kopien von
Bewerbungsschreiben oder die Angabe einer Kontaktperson
der Firma, mit der telefoniert wurde (siehe Anlage
11.1. - Erkenntnis
des Verwaltungsgerichtshofes vom 08.09.1998, Zl. 96/08/0241).
Aus: AMS
Bundesrichtlinie zum Verfahren nach den §§ 9 und 10 des
Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG), Seite 7
Rechtsgrundlagen
Copyright: Mag. Ing. Martin Mair, 2011
Quelle: Erste Hilfe Handbuch für Arbeitslose --> https://www.aktive-arbeitslose.at/erstehilfehandbuch/index.html
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