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/ Stellenbewerbung
Stellenbewerbung: Verhalten bei der Stellensuche und beim
Bewerbungsgespräch
Was darf ich bei einer Bewerbung NICHT tun?
- Mehrere Tage Zeit lassen mit der Stellenbewerbung. Wenn
das AMS auf eine besondere Dringlichkeit hinweist, muß mensch
sich laut VwGH sogar am nächsten Tag bewerben!
Tipp: Laut VwGH haben Sie umgehend mit der Stellenbewerbung
anzufangen. Wenn erst einmal Recherchen über die Stelle bzw. die
Firma notwendig sind, sorgen Sie dafür, dass Sie das auch
dokumentieren können. Löschen Sie also z.B. nicht voreilig den
Verlauf in Ihrem Internetbrowser, Sie können das im Streitfall
noch brauchen. Oder Drucken Sie ihre Rechercheergebnisse mit
Datum aus!
- Eine Bewerbungsfrist versaumen (BVwG G313 2105294-1).
Wenn eine Bewerbungsfrist genannt ist, können Sie sich natürlich
etwas Zeit lassen um eine Bewerbung gründlicher an die
Anforderungen der Stelle anzupassen.
- Eine bei der Post hinterlegte Stellenangebot nicht abholen.
(VwGH 2005/08/0173)
- Ein Stellenangebot nach Zustellung durch die
Post nicht umgehend öffnen (VwGH 2008/08/0244)
- Nach einem Krankenstand auf eine Stelle nicht mehr
bewerben, wenn in dieser KEINE Frist für die Bewerbung
genannt ist! (VwGH
- Verspätete Vereinbarung eines
Vorstellungstermins: mehr als zwei Wochen bis zum
Vorstellungstermin (VwGH 2000/02/0013) und die telefonische
Kontaktaufnahme erst nach einer Woche nach Erhalt der Zuweisung
(VwGH 2002/08/0193) stellen demnach keine „unverzügliche
Handlung zur Erlangung des Arbeitsplatzes“ dar.
- Nicht Erscheinen ohne
ausreichenden Entschuldigungsgrund (VwGH 97/08/0408)
- Zu spät kommen, noch
dazu mit fadenscheinigen Ausreden (VwGH 2003/08/0059, VwGH
2005/08/0052)
- Erscheinen mit einer Alkoholfahne
(VwGH 93/08/0268) oder ungepflegtem
äußeren
- Hinweis auf Alkoholprobleme.
Solche müssten bereits dem AMS als Vermittlungshindernisse
bekannt gegeben werden. (VwGH 99/08/0159)
- Erklären, nicht am Job interessiert zu sein und man „wolle nur
den Stempel“ (VwGH 2000/19/0150)
- Im großstädtischen Bereich
Verlangen von Ersatz der Fahrtkosten. Ein
Fahrtkostenanspruch entstehe, „wenn der Arbeitnehmer
ausdrücklich zur persönlichen Vorstellung durch den Arbeitgeber
aufgefordert wird“. Der Bewerber müsse „mit der gebotenen
Deutlichkeit“ zu erkennen geben, ohne jede Vorbedingung,
insbesondere unabhängig davon, wie sich der potentielle
Arbeitgeber zu seinem die Fahrtkosten betreffenden "Vorschlag"
stellen würde, zum Vorstellungsgespräch zu erscheinen“ (VwGH
2000/08/0056). Im Nachhinein vom Unternehmen Fahrtkostenersatz
zu verlangen ist wohl eher realitätsfremd, darf laut VwGH
nicht zu einer Sperre führen. Wer nicht auf den Fahrtkosten
sitzen bleiben will, kann beim AMS rechtzeitig Fahrtkostenersatz
beantragen („Vorstellungsbeihilfe“ nach § 38 AMSG).
- Die „Gestaltungsbefugnis des potenziellen Dienstgebers bei der
Führung von Vorstellungsgesprächen“ durch „nicht
in der gebotenen Weise achtende Setzung von
Bedingungen“ missachten. Im konkreten Fall:
„wegen übelkeit in einem von Nikotinrauch stark belasteten Raum“
Wunsch nach einem anderen Raum oder im Freien zu verhandeln. Ein
ausgesprochen zynisches und menschenrechtswidriges Urteil,
mittlerweile durch Nichtraucherschutzgesetz wohl überholt.
Tipp: Zweifelhafte Bedingungen, die ein Bewerbungsgespräch
erschweren dokumentieren.
- Fragebogen provokant
ausfüllen: Gesundheitszustand „mäßig, mäßig“.
Vereitelung schon vor dem Götzzitat! (VwGH 95/08/0092)
- Auf langen Anfahrtsweg und auf die Schadensanfälligkeit des
KFZ hinweisen (VwGH 99/08/0144)
- Telefonnummer nicht bekannt geben wenn noch aufrechte
Chance auf den Arbeitsplatz besteht (VwGH 2007/08/0111).
Allerdings kann der Arbeitgeber nach erfolgloser Bewerbung zur
Löschung/Vernichtung der Telefonnummer und anderer persönlicher
Daten gemäß Datenschutzgesetz verpflichtet werden. Sie
sind nicht verpflichtet z.B. ein Mobiltelefon immer
eingeschaltet zu haben, müssen es aber ab und zu abhören …
- Nach einem Vorstellungsgespräch das offen endete, einen dort vereinbarten Anruf unterlassen
(VwGH 93/08/0268).
- Verschweigen einer im
Bewerbungsgespräch nachgefragten aber tatsächlich
vorhandenen Qualifikation (VwGH 2002/08/0209) (sofern
diese bekannt wird …).
- Verschweigen bzw. verweigern, den Befreiungsschein
(Arbeitsgenehmigung) vorzulegen (VwGH 2002/08/0100). Im
konkreten Fall hat der Arbeit Suchende die Vorlage des
Befreiungsscheins mit der Begründung "das geht Sie nichts an"
verweigert. Natürlich hat der Arbeitgeber nicht das Recht, vor
Abschluss eines Arbeitsvertrags den Befreiungsschein als Ganzes
gleich zu kopieren. Wenn wer den geforderten Befreiungsschein
bei der Stellenbewerbung nicht mit hat, aber kurzfristig binnen
kurzer Zeit vorlegen kann, dürfte das keine Vereitelung
darstellen. ("Es kann offen bleiben, ob eine
Vereitelungshandlung auch schon dann anzunehmen gewesen wäre,
wenn der Beschwerdeführer dem potenziellen Dienstgeber
mitgeteilt hätte, den Befreiungsschein nicht mit sich zu führen,
aber bereit zu sein, ihn für den Fall eines konkreten
Einstellungsinteresses kurzfristig nachbringen zu können, da die
belangte Behörde von einem solchen Sachverhalt nicht ausgegangen
ist.)
- Nachdrücklicher
Hinweis auf überqualifikation. Im konkreten Fall:
Zuweisung eines Juristen als Reinigungskraft, Hinweis
juristische Ausbildung und Praxis sowie auf eine unterhalb der
Geringfügigkeitsgrenze verrichtete Tätigkeit als
geschäftsführender Gesellschafter eines eigenen Unternehmens im
Bewerbungsschreiben (VwGH 97/08/0572).
Kritik: Aus Sicht der Menschenrechte ein sehr problematisches
Urteil, da der Zwang zum Lügen bzw. Verschweigen der eigenen
Leistungen gegen die Menschenwürde verstößt. Diese wurde
vermutlich im Fall nicht als Argument vorgebracht.
- Angebotenen Arbeitsplatz nur als
übergangslösung bezeichnen (VwGH 98/08/0122).
- Selbstständige Tätigkeit im
Bewerbungsbogen
angeben ohne gleich darauf hinzuweisen, bei Annahme des
Arbeitsangebots diese einzustellen. Dadurch sei „der Eindruck
entstanden, dem Arbeitslosen liege in erster Linie seine
Ziviltechniker-Kanzlei am Herzen“ (VwGH 98/08/0266).
- Hinweis (von sich aus) auf eine schlichte
Wiedereinstellungszusage „ohne dass dem eine
arbeitsrechtliche Verpflichtung des Arbeitslosen zum
Arbeitsantritt gegenüber stünde“ (VwGH 2002/08/0066) .
Tipp: Lassen Sie sich eine schriftliche, „rechtsverbindliche
Vereinbarung“ geben! Hält der potentielle Wiedereinsteller diese
nicht ein, ist sie sowieso nicht einklagbar ...
- Ungefragt Hinweise auf
laufende oder beabsichtigte Ausbildungen zu geben, die
die Intention bloß legen, einen anderen/besseren Job zu suchen
und den zugewiesenen Job nur als übergangslösung zu betrachten
(VwGH 93/08/0136, VwGH 2006/08/0322).
- Auf ein beabsichtigtes
Adoptionsverfahren ungefragt hinweisen,
wenn Sie beabsichtigen, nachher nicht mehr Arbeiten zu wollen
(VwGH 95/08/0099)
- Hinweis auf ein laufendes
Adoptionsverfahren (VwGH 95/08/0041) da dessen Ausgang
ungewiss sei.
- Gehaltsforderungen
stellen, die über das
objektiv zumutbare (Kollektivvertrag) Gehaltsangebot
hinaus gehen (VwGH 95/08/0178, VwGH 95/08/0329), insbesondere
dann, wenn diese weit über das Angebotene hinaus gehen (VwGH
95/08/0159). Ein zarter Hinweis „falls notwendig“ doch das
Arbeitsangebot anzunehmen reiche nicht (VwGH 2003/08/ 0064).
Stellen Sie mit großen Elan klar, dass es sich um Ihre
Wunschvorstellung handelt, die selbstverständlich verhandelbar
ist … (VwGH 95/08/0056, VwGH 98/08/0242).
- Sonntagsarbeit ablehnen,
weil man sich an Teilnahme am Gottesdienst gehindert sieht. Laut
VwGH reiche es aus, dass der Gesetzgeber religiöse Pflichten
beim Arbeitsruhegesetz § 8 berücksichtige, demnach Anspruch
auf die dafür notwendige Freizeit bestehe, sofern die
Freistellung mit den Erfordernissen des Betriebs vereinbar sei
(VwGH 2006/08/0228).
- Eine Beschäftigung als
LKW-Fahrer nicht antreten, weil der als
Arbeitsmittel vorgesehene LKW nicht fahrtauglich sei
(VwGH 98/08/0041): „Davon ist die Frage der (zulässigen)
Verweigerung des Fahrens mit einem nicht verkehrstauglichen
Kraftfahrzeug zu unterscheiden. Diese Frage hätte sich aber
frühestens zum Zeitpunkt des vereinbarten Arbeitsantrittes
stellen können.“ Allerdings: Wenn im Betrieb allgemein mit einer
(gesetzwidrigen) Gesundheitsgefährdung weil
Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht eingehalten werden bzw. man
selbst gesundheitlich nicht geeignet ist, ist eine Verweigerung
des Arbeitsantrittes möglich!
Was darf ich bei der Stellenbewerbung tun?
- Gegenüber dem AMS (Jobvorauswahl) mitteilen, dass man nur
deshalb an der Beschäftigung interessiert sei, weil man dazu
verpflichtet ist: „Ob ein Arbeitsloser eine ihm angebotene
Beschäftigung gerne oder ungern annimmt, ist unerheblich.“ (VwGH
98/08/0175)
- „Telefonisch nicht und sonst
nur schwer (d.h. nicht jederzeit)
erreichbar“ sein. Daraus darf das AMS nicht auf
fehlende Arbeitswilligkeit schließen (VwGH
98/08/0289).
- Kein KFZ besitzen
und wohl auch keines kaufen zu wollen und daher nicht
für Schichtdienst verfügbar sein (VwGH 95/08/0129).
- In ungelenker Schrift einen
Fragebogen ausfüllen, sofern nicht feststellbar ist,
dass dies mit Absicht getan worden sei (VwGH 98/08/0046)
- Im Personalfragebögen angeben,
häufig
den Arbeitsplatz gewechselt zu haben, wenn dies der
Wahrheit entspricht (VwGH 95/08/0129) – dies ist schließlich
auch aus dem Auszug der Sozialversicherung erkenntlich!
- Wünsche z.B. zur
Arbeitszeit äußern,
wenn Ihnen nicht im Vorhinein bekannt ist, dass Sie genau
deshalb für den Arbeitgeber nicht mehr in Frage kommen. Dann
darf das AMS auch keinen (bedingten) Vorsatz
annehmen, Sie hätten das Arbeitsangebot vereiteln wollen. (VwGH
2002/08/ 0004).
- Betonung („in den
Vordergrund rücken“) einer
Krankheit (hier Tinnitus) und deshalb notwendiger
Arztbesuche, wobei diese vorher dem AMS nicht als
Vermittlungseinschränkung mitgeteilt wurden (VwGH 2002/08/ 0051)
- Körperliche Verunstaltungen:
„überdies könnte eine durch Mängel des Zahnbildes in einem
längeren Zeitraum entstandene Verunstaltung einer arbeitslosen
Person dieser nicht als vorsätzliche Vereitlung der Aufnahme
einer konkreten Beschäftigung angelastet werden.“ (VwGH 2007/08/
0062) Das kann Sie retten, wenn Sie sich nicht um Jobs mit
Kundenkontakt bewerben.
- Hinweis auf
Krankheit/Schwangerschaft des/der Partner/in, die eine Pflege
erforderlich machen und einen späteren Arbeitsantritt
gestatten – das AMS hat hier zu prüfen, ob wegen
Pflegeverpflichtung wirklich eine Arbeit zumutbar gewesen wäre
(VwGH 2006/08/0324).
- Spontan auf Kinderbetreuungspflichten
hinweisen als Reaktion
auf erstmalige Bekanntgabe, dass Arbeitszeiten überwiegend am
Abend und am Wochenende liegen (VwGH 2002/08/0017).
- Auch wenn bereits ein zumutbares Gehaltsangebot vorliegt dürfe
Sie einen eigenen höheren
Gehaltswunsch äußern ohne auf diesem zu Beharren –
also Klarstellen, dass das nur ein (verhandelbarer)
Gehaltswunsch sei aber nicht eine (fixe) Gehaltsforderung (VwGH
95/08/0054, VwGH 95/08/0056, betreffend Zuweisung mit
„Entlohnung nach Vereinbarung“ VwGH 98/08/0242). Bei schriftlich
geäußerten Gehaltswünschen soll nach VwGH gleichzeitig darauf
hingewiesen werden, dass dies verhandelbare Vorstellungen sind
(VwGH 2005/08/0049).
- Wunsch äußern, wegen des höheren Gehaltsniveau aus die Arbeit
in einer anderen Region zu bevorzugen, wenn Sie dann aktiv
Gehaltsverhandlungen führen und sich dennoch einigen. (VwGH
95/08/0129).
- Liegt kein konkretes Gehaltsangebot vor, wird
lediglich eine „Entlohnung je nach Qualifikation und
Berufserfahrung“ angeboten und wird dem eigenen geäußerten, über
dem Kollektivvertrag liegenden Gehaltswunsch nicht
widersprochen, darf ausgegangen werden, dass es mit
dem Gehaltsangebot im Einklang stehe. Bloß darin, von sich aus
schlechtere als die angebotenen Bedingungen anzubieten ist keine
Vereitelung. (VwGH 98/08/0392
RS 6). Sie sind auch nicht verpflichtet, von sich
aus das Arbeitgeberangebot zu unterbieten, auch „wenn
der Erfolg des Vorstellungsgespräches vorerst noch in Schwebe
bleibt“! (VwGH
98/08/0392 RS 7).
Siehe auch Zusammenfassung des VwGH zur Rechtsprechung über den
Verlauf von Gehaltsverhandlungen (VwGH
98/08/0392 RS 4)
- Ist das Gehaltsangebot in
Bezug auf Kollektivvertrag unvollständig oder
zweifelhaft dürfen Sienoch Rückfragen
bei der Gewerkschaft oder AK machen werden, aber nicht
unmotiviert vorab angekündigt werden (VwGH 2004/08/0112, VwGH
1997/08/0042), weil das ein generelles Misstrauen gegenüber dem
Arbeitgeber ausdrücke. Laut VwGH müssen Sie also konkrete Punkte
im Arbeitsvertrag als fragwürdig bezeichnen. Das von rechtlichen
Laien zu verlangen, ist ziemlich unsinnig! Sie sollten auf jeden
Fall den arbeitsvertrag genau durchlesen und auch konkrete
Punkte als überprüfenswürdig bezeichnen!
- Genaues Erkunden der Arbeitsbedingungen und nach Vorhandensein
eines Betriebsrats fragen, ohne grundsätzliches Misstrauen
gegenüber dem Unternehmen auszudrücken. Allgemein: Sich der
eigenen Rechte kundig zeigen. Nutzen Sie daher die Zeit der
Lohnarbeitslosigkeit, ihre Kenntnisse über das Arbeitsrecht und
dem Arbeitnehmerschutz zu vertiefen – vor allem jener
Branchen/Arbeitsfelder, die Sie nicht wollen!
Siehe auch:
Copyright: Mag. Ing. Martin Mair, 2011/2019
Quelle: Erste Hilfe Handbuch für Arbeitslose --> https://www.aktive-arbeitslose.at/erstehilfehandbuch/index.html
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