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arbeitslosennetz.org // Arbeitslosigkeit / Rechtshilfe / Bescheid (§§ 58 ff. AVG) Bescheid (§§ 58 ff. AVG)Wesen und Aufbau des BescheidsNach dem Verständnis des Bundes-Verfassungsgesetzes sind Bescheide alle hoheitlichen Akte von Verwaltungsbehörden, durch die in verbindlicher Weise (normativ) über Rechtsverhältnisse im Einzelfall Recht gesprochen wird. Sie sind notwendig, um das in der Verfassung festgeschriebene Prinzip der Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten. VORSICHT FALLE: Das AMS hält sich nicht an diesen in der Verfassung festgeschriebenen Grundsatz und glaubt fallweise rechtswidrig, einem derartige Aufträge/Auflagen durch Niederschriften oder Verstecken in der Betreuungsvereinbarung aufzwingen zu können. Wenn das AMS über den Anspruch von Bezügen (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, etc.) aber auch deren Einstellung entscheidet, erhalten Sie in der Praxis oft nur eine „Mitteilung“. Sie haben aber in diesen Fällen das Recht einen Bescheid zu verlangen! Der Bescheid ist der schriftliche Schlusspunkt der Erledigung eines behördlichen Verwaltungsverfahrens. Es gibt zwar keine Formvorschriften für den in den §§ 58ff AVG geregelten Bescheid, er muss aber Folgendes enthalten:
Wesentliche Elemente des Bescheides sind Behördenbezeichnung, der Adressat, der Bescheidwille (Ausübung hoheitlicher Befugnisse, Bescheidbezeichnung), die rechtskraftfähige Weise der Erledigung (Spruch) sowie die Begründung. Fehlt ein wesentliches Element wird die schriftliche Erledigung absolut nichtig, aus dem Schriftstück dürfen daher keine Rechtsfolgen abgeleitet werden. Eine Berufung gegen den derart nichtigen „Bescheid“ führt zu dessen Aufhebung. Andernfalls kann (und soll) der Bescheid – auch von Amts wegen – „berichtigt“ werden. Ist nicht klar, ob ein Bescheid vorliegt, darf aufgrund der Rechtsschutzfunktion des Bescheides weder das Vorliegen noch das Nichtvorliegen eines Bescheides zum Nachteil des/der Betroffenen angenommen werden (VfSlg. 14.803/1997) BescheidspruchDer Spruch hat alle in Verhandlung stehenden Fragen zu „erledigen“ (gemäß § 59 AVG), hat aber auch auf sämtliche Einwendungen einzugehen, die z.B. in der Niederschrift oder einer schriftlichen Stellungnahme ("Anbringen") zu einer Sperre gemacht wurden. Beinhaltet der Spruch zwei miteinander logisch unvereinbare Teile, ist der Bescheid inhaltlich rechtswidrig. Ist der Spruch nicht eindeutig, kann die Begründung zur Interpretation herangezogen werden. Dabei kommt es nicht darauf an, was der Betreuer oder das AMS gemeint hat, oder im Akt an Beweismitteln angesammelt wurde, sondern auf den objektiven Erklärungswert des Spruchs. Wenn der Bescheid nicht voll inhaltlich der Partei (Arbeit suchender) entspricht, muss dieser eine Begründung enthalten! In der Begründung sind
klar und übersichtlich zusammenzufassen. Achtung: Eine unrichtige Begründung ist zwar ein Verfahrensmangel, macht alleine den Bescheid aber nicht rechtswidrig, wenn der Inhalt des Spruchs rechtlich in Ordnung ist. Die übergeordnete Behörde kann in einer Berufung „sanieren“. Begründung des BescheidsDie mangelhafte Begründung eines letztinstanzlichen Bescheides (Bescheid durch AMS Landesgeschäftsstelle) ist aber ein wesentlicher Verfahrensmangel, der zur Aufhebung durch den VwGH führt, wenn die Behörde bei Beachtung der Begründungspflicht zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können (§ 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG). Das Fehlen jeglicher Begründung oder die bloße Aufnahme von Ausführungen ohne Begründungswert stellt Willkür dar, sodass der Bescheid wegen Verstoß gegen den Gleichheitssatz vom VfGH aufzuheben ist.
Die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, d.h. warum die Behörde den Sachverhalt unter eine bestimmte Regelung subsumiert hat oder nicht. Die Begründung muss die Rechtsgrundlagen der Entscheidung angeben, bei unbestimmten Begriffen muss die Behörde Ihre Auslegung begründen. Rechtswirksam wird der Bescheid erst mit der Erlassung, das heißt mit der Zustellung nach Zustellgesetz (Einschreiben). Der Bescheid muss der geltenden Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung gelten. Daher stets auch das Einschreiben aufheben! Die „Erlassung“ darf nicht durch telefonische Mitteilung, Akteinsicht oder formlose Zustellung gemacht werden! Rechtsmittelbelehrung (§ 61 AVG)Die Rechtsmittelbelehrung ist sozusagen ein Spezialfall der Rechtsbelehrungspflicht nach § 13a AVG und ersetzt diese, wo Sie eine schriftliche Rechtmittelbelehrung erhalten. Jeder Bescheid hat nach § 58 Abs. 1 AVG eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten. Was enthält die Rechtsmittelbelehrung?
Welche Folgen haben Fehler in der Rechtsmittelbelehrung?
VORSICHT FALLE: In letztinstanzlichen Bescheiden (in der Regel die 2. Instanz, beim AMS Berufungsbescheid der Landesgeschäftsstelle) muss die Behörde zwar einen Hinweis auf Beschwerdemöglichkeit innerhalb von 6 Wochen bei VwGH und VfGH geben, tut Sie es nicht, haben Sie leider Pech gehabt. Man nimmt also an, das sei Allgemeinwissen ... Entscheidungspflicht der BehördeDer Bescheid ist „ohne unnötigen Aufschub“, aber auf jeden Fall innerhalb von 6 Monaten, zu erlassen. Entscheidet die Behörde nicht in dieser Frist, ist ein Säumnisbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht möglich. Aufschiebende Wirkung von Berufungen gegen BescheideDas Recht auf aufschiebende Wirkung seht sogar im Verfassungsrang und darf nicht grundsätzlich verweigert werden. Dies hat der Verfassungsgerichtshof beispielsweise Ende der 90er Jahr aus Anlass im AlVG eingeführten generellen Verweigerung der aufschiebenden Wirkung für Berufungen gegen Einstellung der Notstandshilfe im Urteil VfSlg 15511, G7/99 festgestellt und die neu eingeführte Beschränkung aufgehoben: „Da aber ein ausnahmsloser Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gegen Bescheide in Leistungssachen ohne Eröffnung einer anderen Möglichkeit zur Gewährung des erforderlichen Rechtsschutzes mit dem der Bundesverfassung immanenten rechtsstaatlichen Prinzip, namentlich mit dem Rechtsschutzsystem, nicht vereinbart werden kann, ist § 56 Abs. 2 AlVG als verfassungswidrig aufzuheben.“ Früher im AVG geregelt, jetzt im Zuge der Bundesverwaltungsgerichtsbarkeit bei den allgemeinen Verfahrensgesetzen dazu. Im § 56 AlVG wurde anfangs mit einer Sonderregelung die aufschiebende Wirkung nur auf extra Antrag zugesprochen. Das wurde vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehoben. Siehe Artikel aufschiebende Wirkung beim Bundesverwaltungsgericht Wird die aufschiebende Wirkung zuerkannt und wurde der Bezug bereits eingestellt oder ein Teil als Rate für die Rückzahlung zurück behalten, so hat das AMS diese einbehaltenen Gelder unverzüglich nachzuzahlen. Das AMS hat das Interesse des Antragstellers darauf, mit der Einstellung/Rückforderung der Leistung bis zur endgültigen Entscheidung nicht einseitig belastet zu werden gegen das Interesse der „Versichertengemeinschaft“ - und somit ein „öffentliches Interesse“ - an der Verfügbarkeit von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung abzuwägen. In einem Fall, wo die Rückforderungssumme so hoch war, dass diese keinesfalls zurück gezahlt werden konnte, stellte der Verwaltungsgerichtshof fest: „Da das von der belangten Behörde geltend gemachte öffentliche Interesse an der raschen Rückerstattung der Leistungen, um die Mittel wieder dem vom Gesetz vorgesehenen Zweck zuführen zu können, nicht über das bei jeder Verwaltungsmaßnahme vorhandene öffentliche Interesse hinausgeht, steht ein zwingendes öffentliches Interesse der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen. Im Hinblick auf die aktuelle Einkommens- und Vermögenssituation des Beschwerdeführers lässt sich auch nicht erkennen, dass die Einbringung der Forderung durch längeres Stunden des Rückforderungsbetrages in einem höheren Ausmaß gefährdet wäre als bei sofortiger Vollziehung.“ (VwGH AW 2011/08/0072) Die „aufschiebende Wirkung“ kommt auf jeden Fall bei Bezugssperren nach § 10 AlVG in Betracht (VwGH 2009/08/0228 bis 0230). Sie ist auch gegen die Abweisung von Anträgen auf Gewährung einer Leistung möglich, so weit mit der Leistung eine Bindungswirkung in anderen Zusammenhängen wie z.B. im Ausländerbeschäftungsrecht oder Aufenthaltsrecht eintreten (z.B. VfGH B1241/98-16). VORSICHT FALLE: Aufschiebende Wirkung ist nur gegen Bescheide möglich, nicht aber gegenüber Bezugseinstellungen, die nur mit einer Mitteilung nach § 47 AlVG ausgesprochen werden (VwGH AW 97/08/0091). Daher ist es durchaus sinnvoll, über die Höhe des AMS-Bezugs einen Feststellungsbescheid zu verlangen, damit das AMS auf jeden Fall zur Einstellung des Bezugs einen Bescheid ausstellen muß. Mit dem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2017 wurde leider eine Frist von 3 Monaten festgeschrieben. Da Leistungen der Arbeitslosenversicherung - auch die Notstandshilfe - ein vermögenswertes Recht begründen, ist diese Einschränkung des Rechts auf richterliche Überprüfung unserer Meinung nach klar verfassungswidrig! Rechtsmittel gegen einen Bescheid: Rechtsmittel gegen Säumnis der Behörde, wenn diese nicht binnen der 3 monatigen Entscheidungspflicht den Bescheid erstellt
Copyright: Mag. Ing. Martin Mair Quelle: Erste Hilfe Handbuch für Arbeitslose --> https://www.aktive-arbeitslose.at/erstehilfehandbuch/index.html
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