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Allgemeine Voraussetzungen für die Zuweisung in AMS-Maßnahmen

(Letzte Änderung: 20.2.2020: Infotag als Kontrollmeldetermin)

Es bestehen auch nach der AlVG-Novelle 2007 zahlreiche Bedingungen für eine Zuweisung mit Sperrdrohung zahlreiche gesetzliche Vorgaben:

  • Es müssen konkrete „Problemlagen“ bestehen und die Teilnahme an der Maßnahme zur Behebung der Problemlage als notwendig oder nützlich erscheinen

  • Die Zuweisung muss bestimmt sein. Also genaue Art der Maßnahmen, bestimmtes Ende und im Falle eines Arbeitsverhältnisses das konkrete Arbeitsverhältnis (Berufsfeld) nennen. Unspezifische Zuweisungen ohne Nennung der Rechtsgrundlage sind rechtswidrig (VwGH 2007/08/0026).

  • Begründungspflicht: Die Maßnahme muss nach wie vor begründet sein, das heißt:

    • Das AMS muss feststellen, welche konkreten Qualifikationen für eine erfolgreiche Vermittlung in zumutbare Beschäftigungen fehlen bzw. welche konkreten Problemlagen neben einer Langzeitarbeitslosigkeit eine Vermittlung verhindern („Vermittlungshindernisse“). Diese müssen konkret an der Person liegen, allgemeine Feststellungen wie „Langzeitarbeitslosigkeit“, „Frau“, „Alter“ reichen unserer Meinung nach nicht!

    • Das AMS muss feststellen, ob die Teilnahme an der zugewiesenen Maßnahme zur Behebung genau dieser Problemlage notwendig oder nützlich erscheint und daher Erfolg versprechend ist.

    • Das AMS muss der betroffenen Person das Ergebnis ihres Ermittlungsverfahrens bekannt geben und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme geben (Ermittlungsverfahren + Parteiengehör nach § 37 AVG)

VORSICHT FALLE: Diese Begründung bei der Zuweisung kann laut VwGH dann entfallen, wenn diese als bekannt angenommen werden kann, weil eine solche Begründung z.B. im Betreuungsplan bereits dokumentiert ist. Diese erste Begründung muss wie jede andere Begründung – siehe oben – nach einem Ermittlungsverfahren mit Gewährung des Rechts auf Parteiengehör erfolgt sein! Im Falle einer Sperre muss die Begründung spätestens im Erstbescheid (Sperrbescheid) nachgeholt werden (VwGH 2009/08/0105 RS 2). Die entsprechenden Gründe für die Zuweisung müssen aber auch wirklich vorliegen! (VwGH 2009/08/0109 RS 1).

Tipp: Verlangen Sie in jedem Fall vom AMS eine Begründung der Zuweisung. Sie können auch einen Bescheid verlangen, der muss immer begründet werden. Sie können das im Einzelfall tun oder auch generell vom AMS – am besten per Einschreiben – eine Begründung bzw. die Ausstellung von Bescheiden für Zuweisungen verlangen!

Diese Rechtsprechung ist unserer Meinung nach verfassungswidrig, weil grundsätzlich jede mit einer Sanktion bewehrte konkrete Anordnung an einzelne Menschen eigentlich einen hoheitlicher Akt darstellt, der begründet werden muß! Dargelegt in der grundlegenden Studie, die ein Klassiker des Verwaltungsrecht ist, von Univ. Prof. Gerhard Winkler: "Der Bescheid". Aber genau das leugnet das AMS und ignoriert die "Rechtsprechung".

Erst Recht gilt das für die Generalvorverurteilung von Langzeitarbeitslosen bei denen der VwGH alleine aus Langzeitarbeit das zweite Kriterium einfach so ableitet, das zusätzlich zur Langzeitarbeitslosigkeit vorliegen muss, damit eine Begründung entfallen können soll. Diese Rechtsprechung ist zudem als Diskriminierung nach Artikel 14 EMRK zu werten! Siehe "Generalvorverurteilung von Langzeitarbeitslosen?"

VORSICHT FALLE KONTROLLMELDETERMIN: Vermutlich um den verpflichtenden Charakter eines Termins zu betonen und/oder die Art der Maßnahme zu verschleiern definiert das AMS manchmal einen "Infotag" als Kontrollmeldetermin. Das ist keine Zuweisung zu einer AMS-Maßnahme und laut VwGH 2005/08/0159 RS 1 darf wenn als Sanktion (auch) § 49 AlVG als Sanktion angedroht wird, nachher der Bezug nicht wegen §§ 9 oder 10 AlVG eingestellt werden!

VORSICHT FALLE BETREUUNGSPLAN: Das AMS schummelt gerne Pseudobegründungen für AMS-Zwangsmaßnahmen in den Betreuungsplan.

Tipp: Betreuungsplan genau durchlesen. Ist etwas drinnen, das einem zweifelhaft erscheint, keinesfalls unterschreiben und darauf beharren, dass diese Passagen gestrichen werden. Sie haben jedenfalls das gesetzliche Recht, den Betreuungsplan abzulehnen. Das AMS muß dann zumindest korrekt fest halten, was Sie am Betreuungsplan ablehnen. Wurden Sie beim AMS-Termin überrumpelt, können Sie auch eine schriftliche Einwendung gegen den Betreuungsplan an das AMS schicken!

KRITIK: Dieses Urteil widerspricht den Grundlagen eines modernen Rechtsstaates. Der/die betroffene BürgerIn muss ja über alle Informationen verfügen, um beurteilen zu können, ob eine Zuweisung rechtmäßig ist. Ob diese Rechtsprechung beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte stand halten würde, ist daher unserer Meinung nach fraglich.

Erste Entscheidungen zur Rechtslage nach der AlVG-Novelle 2007 (VwGH 2009/08/0105 [Entscheidungstext in RIS] + VwGH 2009/08/0109 [Entscheidungstext im RIS]) zeigen, dass die in den Jahren zuvor entwickelte Rechtsprechung, die auf grundlegenden Regeln des Verwaltungsrechts und des Verfassungsrechts beruhen, nicht durch willkürliche Gesetzesänderungen beliebig ausgehebelt werden können! Es ist allerdings deutlich schwieriger geworden, AMS-Maßnahmen ohne genaue Kenntnis der Gesetzeslage und ohne Kenntnis des Inhalts der Maßnahmen abzulehnen! (siehe Generalvorverurteilung für Langzeitarbeitlose?)

Einige unserer Meinung nach wie vor gültige Grundsätze für AMS-Maßnahmen allgemein und Wiedereingliederungsmaßnahme speziell:

  • Die Arbeitsvermittlung hat grundsätzlich vor die Zuweisung in kostenintensive AMS-Maßnahmen zu gehen (VwGH 2002/08/0262 RS 2).
  • Wiedereingliederungsmaßnahmen müssen Erfolg versprechend sein und tatsächlich fehlende Fähigkeiten vermitteln (VwGH 2002/08/0262 RS 3).
  • Keine Notwendigkeit für Maßnahmen die nicht höher qualifizierende Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln (VwGH 92/08/0216 RS 4).
  • Arbeitslose müssen vor Zuweisung zu einer AMS-Maßnahme um ihre Meinung gefragt werden (Recht auf Parteiengehör).
  • Das AMS muss jene Umstände bekannt geben, warum es die Zuweisung berechtigt erachtet (VwGH 2007/08/0026 RS 3) – gilt gerade auch, wenn keine konkrete Begründung erforderlich ist!
  • Zu Schulungs- und Wiedereingliederungsmaßnahmen kann nur das AMS zuweisen und müssen nicht bei „Aussicht“ oder „sich bietender Gelegenheit“ gemacht werden (VwGH 2000/19/0035).Auch Kursinstitute haben nicht das Recht zu AMS-Maßnahmen zuzuweisen!
  • Wiederholte Zuweisung als Disziplinierungsmittel wegen angeblicher „mangelnder Arbeitswilligkeit“ ist rechtswidrig! (VwGH 92/08/0216 RS 4). Allerdings muss das auch konkret nachweisbar sein ...
  • Maßnahmen auf unbestimmte Zeit sind nicht zulässig (VwGH 2002/08/0262). Die Dauer der Maßnahme muß nach neuer Rechtsprechung des VwGH spätestens beim Antritt der Maßnahme festgelegt werden! Eine Verlängerung ist dann jedenfalls nicht mehr erlaubt! Unserer Meinung nach verletzt die Nachholbarkeit beim der Festlegung der Dauer bei Kursantritt das Bestimmtheitsgebot der Bundes-Verfassung und der Vorhersehbarkeit von Rechtsfolgen nach Artikel 6 EMRK!
  • Überlange Wegzeiten zum Kursort können ein wichtiger Grund für die Ablehnung der Maßnahme sein. Es muß aber begründet werden warum die Einschränkung der frei verfügbaren Zeit unzumutbar ist z.B. weil die Fahrtkosten zu hoch oder die Zeit für konkrete eigene Bewerbungstätigkeiten eingeschränkt wird (VwGH 2012/08/0185 RS 1)
  • Versäumnisse bei der Zuweisung sind nach Beginn der Maßnahme nicht mehr nachholbar (VwGH 2000/19/0035 RS 4, oder: VwGH 2009/08/0105 ).
  • Eine Sperre soll nur möglich sein, wenn „die Weigerung in objektiver Kenntnis des Inhaltes, der Zumutbarkeit und der Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme erfolgt“ (z.B. VwGH 2002/08/0262).

VORSICHT FALLE: Ab wann genau der VwGH eine Zuweisung als unzumutbar bewerten würde, ist allerdings eine Frage der Wertung im Einzelfall und kann nicht wirklich genau vorhergesagt werden!

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