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AMS-Bezugssperren

Notdürftige Aktualisierung am 24.4.2009, 21.9.2010, 28.2.2011 und am 16.2.2014

In der Regel wird der Bezug noch vor der endgültigen Entscheidung (inklusive Amtsweg: Anhörung des Regionalbeirats, ev. Erkenntnis des VwGH) eingestellt.

Diese Vorgangsweise widerstreitet der von Verfassungs wegen gebotenen faktischen Effizienz des Rechtsschutzes. Wie der VfGH erstmals in VfSlg 11.196/1986 ausgesprochen hat, geht es im Lichte des verfassungsrechtlichen Rechtsschutzsystems nicht an, "den Rechtsschutzsuchenden generell einseitig mit allen Folgen einer potenziell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung solange zu belasten, bis sein Rechtsschutzgesuch endgültig erledigt ist." Der VfGH hat diese Rechtsmeinung in den vergangenen Jahren wiederholt bekräftigt. [2]

Eine Bezugssperre führt oft zu Schulden, Delogierungen, etc., aber hier sind Schadenersatzansprüche möglich (siehe Amtshaftungsklage)

Laut neuerer Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Bezugseinstellung wegen Arbeitsunwilligkeit (§ 9) nach § 24 AlVG nur im Falle wiederholter Sperren des AMS-Bezuges wegen angeblicher "Arbeitsunwilligkeit" rechtens, soferne diese Sperren bereits rechtskräftig geworden sind! Daher: Nicht nur Sperren an sich vermeiden, sondern im Falle einer Sperre so weit wie möglich Rechtmittel dagen ergreifen (Berufung, Beschwerde beim VwGH/VfGH).

Siehe Rechtssatz 1 des VwGH-Urteils 2007/08/0318 vom 29.10.2008

Tipp: Bei drohender Bezugseinstellung/Sperre des AMS-Bezuges die zuständige AMS-Geschäftsstelle per Einschreiben, Vorlage eines Schriftstückes zur Unterschrift oder Vorsprache in Anwesenheit eines Zeugens/einer Zeugin auf dieses VwGH-Urteil und über mögliche Rechtsfolgen (Anzeige wegen Nötigung im Amte, Dienstaufsichtsbeschwerde, Amtshaftungsklage,...) aufmerksam machen. Musterbriefe über derartige Rechtsbelehrungen finden Sie im Downloadbereich

Der/Die Versicherte erhält lediglich eine standardisierte schriftliche Mitteilung über die Bezugeinstellung, die ihren äußeren Merkmalen nach keine Bescheidqualität aufweist. Oft genug geschieht dies aber ohne vorherige schriftliche oder mündliche Benachrichtigung von Seiten des AMS. Manchmal erfährt man erst indirekt durch das Ausbleiben der monatlichen Überweisung, dass der Bezug eingestellt worden ist. Diese Art der Abwicklung ist unserer Meinung nach nicht rechtmäßig!

Wenn Du von Bezugsperre betroffen bist, musst Du sofort eine schriftliche Bescheidausfertigung anfordern, um dagegen Berufung einzulegen! Generell solltest Du jedes AMS - Gespräch protokollieren, über jede Vereinbarung oder einseitige Anordnung eine Niederschrift anfertigen lassen und einen Bescheid ausstellen lassen. Verlange auch Akteneinsicht (Paragraf 17 AVG) über alles, was über deine Person gespeichert wurde (Auch eine andere Person oder eine Erwerbsarbeitsloseninitiative kann als Verein Vertretungsvollmacht von Betroffenen erhalten und Akteneinsicht verlangen). Auf Akteneinsicht besteht Rechtsanspruch!

Merke: Die Bezugssperren dienen der Disziplinierung und politischen Unterdrückung der Arbeit suchenden. Durch formelles Vorgehen wird eine gesetzliche Situation vorgetäuscht, wo es in Wirklichkeit um Willkür und Amtsmissbrauch geht. Die schriftlichen Mitteilungen des AMS sind in Respekt einflößendem Amtsdeutsch gehalten und mit Paragraphen gespickt, damit der/die Arbeitslose eingeschüchtert wird und die Behörde nicht in Frage stellt.

Recht häufig wird bei genauerem Nachfragen offenbar, dass die rechtliche Grundlage fehlt.

! Deshalb: Verlasse Dich niemals darauf, dass die Informationen der AMS-BeraterInnen richtig sind (es sind schließlich auch nur Menschen)! Die AMS-BeraterInnen haben nach Allgemeinen Verwaltungsrecht die Manuduktionspflicht (AVG Paragraf 13a) Dich über Deine Rechte aufzuklären und erklären, wie Du diese am besten in Anspruch nimmst. Diese Pflicht wird aber leider allzu oft missachtet.

Tipp: Grundsätzlich verlange immer eine schriftliche Ausfertigung, denn wird mündlich mit den AMS - BeraterInnen Vereinbartes nicht in den Akt aufgenommen, führt dies oft zu Problemen! Diese kann auch über telefonische Kontakte/Auskunfte verlangt werden. Auf jeden Fall selbst alles durch "Aktenvermerke" dokumentieren (Datum, Ort, beteiligte Personen, Inhalt der Gespräche etc. niederschreiben).

Vorgangsweise bei einer Sperre nach §9, §10, §11 und § 49 ALVG

Bei Rückmeldungen durch die vom AMS beauftragten Firmen kommt es vor, dass die Gegenseite sonderbare Äußerungen über den/die ArbeitsloseN von sich gibt, die als Grundlage für disziplinäre Maßnahmen herangezogen werden können, aber nicht dürfen (Spielbücher, Karl; Floretta, Hans. Individualarbeitsrecht)!

Das AMS ist dann verpflichtet, von sich aus ("amtswegig") den vollen Sachverhalt in einem behördlichen Ermittlungsverfahren zu erheben.

Tipp: Im Falle einer Einstellung des Bezuges bzw. Bezugsperre so rasch wie möglich Beweise sichern! Akteinsicht nehmen und Auskunft nach Datenschutzgesetz bzw. Aktiensicht (Paragraf 17 AVG) verlangen (siehe Kapitel: AMS und Datenschutz), um herauszufinden, was Dir vorgeworfen wird. Falls Du keinen aktuellen Betreuungsplan (AMSG Par. 38c) (auch "Betreuungsvereinbarung" genannt) hast, diesen verlangen und insbesondere Vermittlungsziele und Vermittlungshindernisse überprüfen. Oft werden in diesen per Forma angebliche "Vermittlungshindernisse" hineingeschummelt, die AMS-Zwangsmassnahmen rechtfertigen sollen. In diesem Falle Richtigstellung verlangen oder einen Bestreitungsvermerk anbringen lassen bzw. die Zustimmung zum Betreuungsplan verweigern/zurück ziehen. Auch darauf bestehen, daß Dein Vermittlungswunsch im Betreuungsplan als Vermittlungsziel aufgenommen wird.

Falls Sie die Keule der Bezugssperre trifft, stelle fest (Du kannst Dir dabei z.B. von einer Arbeitsloseninitiative helfen lassen), ob sie zu Recht erfolgt. Maßgeblich ist dabei nicht die Rechtsmeinung des AMS, sondern die des Verwaltungsgerichtshofes.

Es besteht bei Bezugeinstellungen das Recht auf Anhörung des/der Arbeitslosen. Über das Gespräch solltest Du eine Niederschrift verlangen. Verlange auch, dass man Dir Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu diesem Protokoll gibt. Dies kannst Du ruhig "mit der Erfordernis der Wahrung des Parteiengehörs" begründen.

Tipp: Sie haben auf jeden Fall das Recht, Beweisanträge zu stellen (siehe: Beweise) und auch die formelle Einvernahme von ZeugInnen zu verlangen. Kommt das AMS solchen Beweisanträgen nicht nach, kann das ein Verfahrensfehler darstellen, der in der übergeordneten Instanz zu einer Aufheben der Bezugssperre führen kann. Dies ist insbesondere der Fall, wenn widersprüchliche Aussagen z.B. über den Verlauf eines Bewerbungsgesprächs dem AMS vorliegen.

VORSICHT FALLE: Stellst Du erst im nachhinein fest, dass die Niederschrift nicht korrekt ist oder für Dich günstige Sachverhalte nicht aufgenommen hast Du das Recht, eine Einwendung gegen die Niederschrift zu machen, ansonsten erlangt diese als Beweismittel rechtliche Verindlichkeit.

Du kannst aber auf jeden Fall in einer schriftlichen Anbringung zur Niederschrift dem AMS - am besten als Einschreiben - weitere Informationen mitteilen, die das AMS in seiner Entscheidung zur berücksichtigen hat. Handle rasch, damit diese noch vor der Entscheidung über Deine Berufung beim AMS einlangt!

Außerdem gibt es berücksichtigungswürdige Gründe ("Nachsicht") laut AlVG § 10 Abs. 2:

"Der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes ist in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z.B., Aufnahme einer anderen Beschäftigung, ganz oder teilweise nachzusehen. Vor dieser Nachsicht sowie vor Erlassung einer Entscheidung gemäß Abs. 1 ist der Regionalbeirat anzuhören."

! Beachte: Dies ist keine Kann-, sondern eine Mussbestimmung!

Tipp: Erfragen Sie bei Ihrer AMS-Beschäftsstelle die Zusammensetzung des Regionalbeirates. In diesem sind auch je ein Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeiterkammer, die Sie auch über Ihr Anliegen informieren können!

Beschwerde ans Verwaltungsgericht (vormals: Berufung an die Landesgeschäftsstelle)

Seit 1.1.2014 ist nicht mehr die Landesgeschäftsstelle des AMS für Berufungen gegen Bescheide zuständig, sondern ein "unabhängiges" Verwaltungsgericht. Die wurde notwendig, weil die Republik Österreich bereits mehrmals vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen der Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren verurteilt worden ist.

Wird nach der Anhörung bzw. Niederschrift eine Sperre verhängt, hast Du nach Zustellung des Bescheides 4 Wochen Zeit, um dagegen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (mit eingeschriebenem Brief) einzulegen. Diese Beschwerde ist an jene Geschäftsstelle des AMS zu richten, die den Bescheid über die Bezupgssperre ausgesprochen hat. Im Bescheid muß über diese Möglichkeit informiert und die Adresse genannt werden, an die diese Beschwerden zu richten sind.

Das AMS hat nun die Beschwerde zu überprüfen und kann Ihrer Beschwerde Recht geben und die Sperre aufheben oder hat die Beschwerde an das zuständige Verwaltungsgericht weiter zu leiten.

Beim Verwaltungsgericht kommt es dann zu einer öffentlichen mündlichen Verhandlung in der, dem Verwaltungsrichter, wie beim Arbeits- und Sozialgericht, je ein Laienrichter der Arbeitgeber und der ArbeitnehmerInnenseite, beistehen.

Beim Bundesverwaltungsgericht besteht keine Anwaltspflicht. Sie können sich daher von jeder rechtskundigen Person, der Sie eine schriftliche Vollmacht als Vertreter geben oder eine mündliche vor Gericht, unterstützen lassen. Leider gewährt der Staat keine Verfahrenshilfe, wodurch unserer Meinung nach das Menschenrecht auf ein faires Verfahren de facto eingeschränkt wird.

TIPP: Solange die Verhandlung noch nicht statt gefunden hat, können Sie weitere Anbringen stellen. Insbesondere können Sie - falls Sie es nicht schon in Ihrer Beschwerde getan haben - auch (weitere) Beweisanträge (siehe Beweise) stellen und die Ladung von ZeugInnen verlangen, die Sie auch selbst in der mündlichen Verhandlung befragen können!

Verwaltungsgerichtshofbeschwerde

Diese Beschwerde kostet eine Gebühr von € 240.- und muss von einem Anwalt unterschrieben sein. D.h. in Deinem Fall, dass Du auch einen Antrag auf Verfahrenshilfe stellen solltest.

Die Antragsformulare bekommst du bei den zuständigen Gerichtshöfen:

Die Frist für die Einbringung der VwGH-Beschwerde läuft mit Zustellung der Entscheidung über den Antrag auf Verfahrenshilfe dann wieder neu an, es bleiben also weiterhin 6 Wochen Zeit,zu entschieden, ob Du beine Beschwerde beim VwGH einbringst. So kann auch die Frist zur Einbringung der VwGH-Beschwerde verlängert werden und die Zeit genutzt werden, Beweise zu sichern und z.B. (ärztliche) Gutachten einzuholen.

Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes dauern üblicherweise rund 2 Jahre. Oft erlässt das AMS Österreich um eine Verurteilung durch den Verwaltungsgerichtshof zu vermeiden, einen Berichtigungsbescheid, mit dem die Sperre aufgehoben wird. Die Erfolgsquote beim VwGH dürfte bei grob geschätzt 50% liegen. Die meisten negativen VwGH-Urteile dürften bei Beschwerden wegen eher formeller Sachen wie Anrechnung des PartnerInneneinkommens im Falle der Notstandshilfe oder Einstellung wegen zu grossen Nebenverdiensten etc. vorliegen. Eine gut begründbare Beschwerde wegen Bezugseinstellung ist daher durchaus zu empfehlen! Leider nutzen nur ganz wenige die Möglichkeit zu einer Beschwerde beim VwGH.

Siehe auch: Ausgewählte Verwaltungsgerichtshofurteile

Wird das Verfahren beim VwGH verloren, kostet das 610 Euro Gerichtskosten plus Anwaltskosten, wenn keine Rechtsschutzversicherungen bzw. Verfahrenshilfe bestanden hat. Die Arbeiterkammer übernimmt fallweise Verfahrenskosten. Allerdings setzen sich die Rechtsanwälte der AK mitunter nicht sonderlich tiefgehend mit dem Fall auseinander. Wer weder Verfahrenshilfe erhält noch eine Rechtsschutzversicherung hat, sollte es dennoch bei er AK probieren.

In jedem Fall ist es wichtig, einem Anwalt den Fall gut geordnet und gut dokumentiert zu übergeben, da bei VwGH-Verfahren, die mit Verfahrenshilfe gemacht werden, für die AnwältInnen nicht allzu hohe Einkünfte herausschauen und das zeitliche Engagement der AnwältInnen daher mitunter gering ist.

Als allerletzte Möglichkeit kann dann noch eine Beschwerde beim Gerichtshof für Menschenrecht in Strassburg oder bei Verletzung von EU-Recht der Europäische Gerichtshof angerufen werden. Das kommt leider ausgesprochen sehr selten vor, dauert wieder einige Jahre.

Die Fristen / Zustellung

Die Berufung muss innerhalb von 4 Wochen nach der Zustellung des Bescheides eingebracht werden; entscheidend ist die tatsächliche Zustellung, nicht das Datum auf dem Bescheid! Da Bescheide des AMS mit der normalen Post (kein RSA oder RSB) verschickt werden, ist die Zustellung in der Regel der Tag, an dem Du den Brief mit dem Bescheid im Postkasten hast. Wundere Dich nicht, wenn das Datum des Bescheides schon eine Woche zurückliegt. Handle sofort!

Bei allen Schriftstücken ist es wichtig, das Kuvert aufzuheben! Du wirst auch bemerken, dass auf dem Kuvert kein Poststempel angebracht ist. Im Streitfall hast Du aber die Möglichkeit der Nachforschung über die elektronische Lesezeile. Sollte ein Schriftstück als Einschreiben kommen und am Postamt hinterlegt werden, dann gilt das Datum der Hinterlegung als Zustellung. Auf der Rückseite des Kuverts wird das Datum der Hinterlegung (=Zustellung) vermerkt. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Frist zu laufen.

Tipp: Bist Du über längere Zeit abwesend und kein Nachsendeauftrag möglich sein, kann durch das Einrichten eines Urlaubsfaches bei der Post das Versäumen von Fristen vermieden werden, denn Behördenstücke gehen dann als unzustellbar an die Behörde zurück. Dieses Service der Post kostet allerdings ein wenig. Siehe: https://www.post.at/1035_1254.php

Vorsicht: Mensch sollte um unnötigen Ärger zu vermeiden dann aber belegen können, nicht im Ausland gewesen zu sein, denn sonst kann das AMS auf die Idee kommen, für diesen Zeitraum den Bezug einzustellen! Auch könnte das AMS behaupten, man sei dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden, soferne es Hinweise auf längere Abwesenheit hat.

Solltest Du nicht immer erreichbar sein, weil Du etwa einen Aufenthaltsort in der Natur bevorzugst, bedenke, dass Du in den Augen der VerwalterInnen des Arbeitsmarktes ein/E Leibeigene/R bist.

Wenn Du die Berufung eingebracht hast, ist die Behörde gemäß der "Entscheidungspflicht" nach Artikel 73 AVG verpflichtet, ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber innerhalb von 6 Monaten den Bescheid zu erlassen.

Kommt die Behörde ihrer Entscheidungspflicht nicht nach, so ist ein Devolutionsantrag nach Paragraf 73 AVG möglich. Wenn ein Devolutionsantrag nicht möglich ist, kann nach Artikel 132 Bundes-Verfassungsgesetz BGBl 1930/1 (B-VG) eine Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof gemacht werden.

Weiters ist auch als vermutlich unbürokratische und raschere Variante eine Dienstaufsichtsbeschwerde beim AMS Österreich (Vorstand: Herbert Buchinger) möglich sowie eine Beschwerde bei der Volksanwaltschaft. Beides kann parallel zum laufenden Verfahren gemacht werden!

Weitere Informationen:

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